Die Klimaanlage im Nachtzug beschert mir eine Erkältung, was den weiteren Transfer von Bandar Abbas (wo der Zug ankommt) nach Hormuz etwas anstrengend macht. Das Klima an der Küste ist komplett anders als im Landesinneren. Die Temperaturen sind zwar wie in Yazd (irgendwas zwischen 38 und 40 Grad), aber durch das verdunstende Wasser ist die Hitze fast tropisch feucht, weshalb man spätestens nach einer Minute am ganzen Körper tropft und klebt.

Wir können uns bei einem Kontakt von Anahita ein paar Stunden ausruhen, bevor wir auf die (wieder stark verspätete) Fähre nach Hormuz Island steigen. Was auf der Insel sofort auffällt, ist, dass die Straßen extrem leer sind und es fast keine Autos gibt – alle Wege werden mit dem Motorrad oder Tuk-Tuk erledigt. Wir haben dort ein kleines Haus, beziehungsweise eine fensterlose Höhle mit zwei Klimaanlagen. Die Toilette ist draußen und jedes mal, wenn man pinkeln geht, kommt man verschwitzt zurück in die 15 Grad kältere Wohnung – optimale Bedingungen also für die Erkältung.

Am ersten vollen Tag schlafen wir lang, sitzen noch eine Weile in unserer Höhle, weil es draußen schwer auszuhalten ist und treffen uns nachmittags mit unserem Vermieter und Freunden von ihm in einem Café am Hafen, wo wir einen Eiskaffee und ein Privatkonzert bekommen. Die Jungs machen ziemlich schöne Musik, aber Till und mich drängt es nach draußen, nachdem wir vorher schon den ganzen Tag in klimatisierten Räumen gesessen haben. Wir erkunden ein wenig den Fischereihafen und sehen zu, wie die Boote eingeholt und die Krabben sortiert werden. Danach fahren wir mit Mammad (unserem Vermieter) und seinen Kollegen mit ihren Motorrädern zum Strand, wo wir etwas langschlendern, den Sonnenuntergang beobachten und dann noch einmal der Musik der Band lauschen. Ich gehe vom Fotografieren zum Filmen über, denn die Insel ist durch ihre Andersartigkeit gegenüber dem iranischen Festland ziemlich interessant und ich möchte eine kleine Doku darüber machen. Weil es langsam dunkel wird, fahren wir zurück in die „Stadt“ und essen ein Falafel. Die Band verabschiedet sich hier, aber ein Freund von ihnen, Hashem, fährt uns noch mit seinem Tuk-Tuk zu einer Badestelle. Normalerweise ist es im Iran verboten, außerhalb von klar definierten, geschlechtergetrennten Badestellen öffentlich zu baden, aber auf Hormuz ist alles ein kleines bisschen lockerer. Dafür, dass wir uns schon seit Tagen auf das Meer freuen, ist die Wassertemperatur ziemlich unbefriedigend warm, aber es gibt leuchtendes Plankton, was das Ganze entschädigt.

Am nächsten Tag stehen Anahita und Till früh auf, um den Sonnenaufgang am roten Strand zu sehen (die Insel ist bekannt für ihre vielen Farben, aus denen die Einheimischen auch Kunstwerke machen). Mir geht’s nicht so blendend, deshalb bleibe ich liegen. Anahita verliert ihr Handy an die raue See, was die weitere Reiseorganisation etwas erschwert. Ab sofort läuft alles über mein Handy, ich bekomme laufend persische Nachrichten und Anrufe von unbekannten Nummern. Am Nachmittag, nachdem die schlimmsten Temperaturen vorüber sind, machen wir mit Hashem eine Art Sightseeing-Tour durch die Natur. Wir besuchen eine sehr sehr enge Salzgrotte (es wird viel Krabbeln und Kriechen von uns abverlangt) und ein Tal, was aussieht wie auf dem Mars. Dafür, dass die Insel so klein ist, ist die Natur wahnsinnig abwechslungsreich. So unterschiedliche Landschaften auf so kleinem Raum habe ich vorher nur in Island gesehen. Zum Sonnenuntergang sind wir wieder am Strand und baden eine Runde.

Die folgenden drei Tage verschwindet Till nach Dubai und Anahita hilft mir bei meiner Dokumentation. Unser Vorteil hier ist, dass jeder jeden kennt und man einfach bei Leuten an der Tür klopfen kann, um mit ihnen zu reden. Unser Nachteil ist, dass es mit Iranern wahnsinnig schwer ist, einen Filmdreh zu planen, da sich alles immer spontan ändern kann. Nach einigen kleinen Enttäuschungen und unfreiwilligen Planänderungen schaffen wir es irgendwie trotzdem, halbwegs gutes Material für ein kleines Portrait dieses Orts zu sammeln und finden dabei noch ein paar der schönsten Orte der Welt, baden zur blauen Stunde in rotem Wasser, fahren einmal mit dem Boot um die Insel und lernen extrem interessante Leute kennen. Es ist ein seltsamer und wunderschöner Ort, dieses Hormuz.

 

In den bunten Straßen

 

Außerirdische Landschaft

Definitiv einer der schönsten Orte, die ich kenne.

Some stills from an upcoming short documentary. Stay tuned. #filmstill #documentary #iran

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