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Wir entscheiden uns recht schnell, nicht mehr Zeit im hei\u00dfen S\u00fcden zu verbringen und nehmen den n\u00e4chsten Flug nach Teheran, wo wir eine Nacht verbringen und dann mit einem au\u00dfergew\u00f6hnlich luxuri\u00f6sen Bus Richtung Kurdistan weiterfahren. Unsere erste Station ist Sanandaj, die Hauptstadt des iranischen Teils von Kurdistan. Man merkt sofort einen Unterschied in der Kultur, haupts\u00e4chlich durch die traditionelle Kleidung und die spittelreiche Dekoration in Restaurants. Viele M\u00e4nner tragen extrem weite Pluderhosen, die au\u00dferordentlich bequem aussehen und sich offensichtlich auch auf den Laufstil auswirken. Sanandaj selbst ist nicht wahnsinnig spannend, die Highlights sind der Abidar-Park, der durch die Hanglage einen ganz guten Blick auf die Stadt bietet und das allgemeine bunte Treiben auf den Stra\u00dfen. Wir fahren am n\u00e4chsten Nachmittag weiter nach Marivan. Unser Taxifahrer hat seine Frau dabei und Anahita freundet sich sofort mit den Beiden an, weshalb sie uns auch auf eine kleine Runde durch den Basar und dann zum See mitnehmen und einige Tipps f\u00fcr unseren Aufenthalt geben.<\/p>\n

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Abidar-Park mit Freiluftkino. Die Zuschauer m\u00fcssen wohl auf der Wiese sitzen.<\/p><\/div>
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Handschuh-Dude<\/p><\/div><\/p>\n

Der Plan ist, am See zu zelten, was ich mir urspr\u00fcnglich etwas anders vorstelle, als es sich letztlich entpuppt. Die Kurden haben n\u00e4mlich, was man schon auf der Fahrt nach Marivan erkennen konnte, eine besonders ausgepr\u00e4gte Picknick-Kultur und sind gerne jeden Abend bis sp\u00e4t in die Nacht mit der ganzen Familie im Park. Genau darauf ist auch das Ufer des Sees ausgelegt und es f\u00fchlt sich eher an wie ein Festival-Campingplatz als das charmante Wildzelten in der Natur, als das ich es vor Augen hatte. Wir mieten uns ein Zelt und sind bei Weitem nicht die Einzigen, die sich im Stadtpark auf dem gepflasterten Boden ihr Schlaflager aufbauen. Um uns herum t\u00f6nt Musik, die Kinder werden von ihren Eltern auf \u00fcberdimensionalen ferngesteuerten Autos durch die Gegend gefahren und 150 Meter weiter gibt es sogar eine Art kleinen Freizeitpark mit H\u00fcpfburg, Wikingerschaukel und Trampolin. Das hat aber auch alles irgendwie seinen Charme und den Vorteil, dass wir uns Tee und Shisha an unser Lager bestellen k\u00f6nnen. Am n\u00e4chsten Tag fr\u00fchst\u00fccken wir vor dem Supermarkt, fahren noch eine Runde Tretboot auf dem See und brechen dann mit Azad, unserem Fahrer vom Vortag, auf nach Uraman Takht. Seine Frau bleibt bei ihrer Schwester in Marivan.<\/p>\n

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Bilderbuch-Camping<\/p><\/div>
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Schwanensee<\/p><\/div><\/p>\n

Auf dem Weg f\u00e4hrt uns Azad noch einen Berg hoch, von dem aus man in den Irak r\u00fcbersehen kann. Auf der Strecke nach oben erkennt man schon sehr klar, wovon die meisten Menschen hier leben – da im Irak z.B. Alkohol, iPhones und Satellitenfernsehen sehr viel verf\u00fcgbarer sind als im Iran, wird hier allerlei geschmuggelt. Es fahren Transporter mit Menschen oder Maultieren auf den Berg, wo sie abgeladen werden, \u00fcber die Grenze laufen und mit Waren zur\u00fcckkommen. Es ist ein seltsames Schauspiel, das wir dort oben beobachten. M\u00e4nner laufen mit leeren Rucks\u00e4cken Richtung Irak, drei Minuten sp\u00e4ter kommt das schwer bewaffnete Milit\u00e4r auf einem Gel\u00e4ndetruck und keine 50 Meter neben ihnen steht ein Mann, der \u00fcber Funk den zur\u00fcckkehrenden Rucksacktr\u00e4gern Bescheid gibt, dass sie nun erst mal warten m\u00fcssten. Die Tr\u00e4ger bekommen einen knappen Euro pro Kilo, aber die Hinterm\u00e4nner verdienen vermutlich mehr als genug, um die Ordnungsh\u00fcter schmieren zu k\u00f6nnen.<\/p>\n

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Schmuggler-Maultiere auf dem Weg nach oben<\/p><\/div>
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Vollgepackt zur\u00fcck in den Iran<\/p><\/div><\/p>\n

In Uraman Takht haben wir eine ziemlich paradiesische Unterkunft \u00fcber Mahmood, einen Kontakt von Anahita, der uns auch die beiden Tage hier herumf\u00fchrt. Es ist das \u201eGartenhaus\u201c seiner Familie und liegt zwischen Walnuss-, Feigen- und Granatapfelb\u00e4umen etwas au\u00dferhalb des Orts im Tal, mit gutem Blick auf die Berge. Es ist gerade goldene Stunde und wir brechen direkt noch mal auf zu einer kleinen Wanderung die Berge hinauf und kommen dann von oben ins Dorf. Die Sonne ist schneller hinter den Bergen verschwunden als man gucken kann, aber es gibt trotzdem noch sch\u00f6ne Aussichten auf Dorf und Tal und nette Begegnungen mit Anwohnern. Uraman Takht ist, wie viele D\u00f6rfer in dieser bergigen Gegend, in Terrassen aufgebaut und das Dach eines Hauses dient dem jeweils dar\u00fcber liegenden Haus als Hof. Als dann auch das letzte Rest-Licht verschwunden ist, kaufen wir noch ein und Mahmood kocht uns in unserem Gartenh\u00e4uschen ein traditionelles Gericht. Es ist letztlich nur Huhn mit Tomaten und Joghurt, schmeckt aber ziemlich gut. Wir entdecken noch einen Skorpion in unserem Sp\u00fclbecken, den wir sicherheitshalber erst mal mit einer Sch\u00fcssel abdecken und schlafen dann auf unserem sehr ger\u00e4umigen Dach, weil es drau\u00dfen viel sch\u00f6ner ist als drin. Kurdistan ist durch seine relativ hohe Lage zusammen mit Abyaneh<\/span><\/a> der einzige Punkt auf unserer Reise, wo es abends richtig abk\u00fchlt.<\/p>\n

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Blick vom Dach<\/p><\/div>
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Dach-Idylle<\/p><\/div>
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Zwei Welpen verteidigen ihre H\u00f6hle in den Bergen.<\/p><\/div>
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Uraman Takht<\/p><\/div>
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Street Life<\/p><\/div><\/p>\n

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Ein Kurde, wie er im Buche steht<\/p><\/div>\n

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Vater-Sohn-Ausflug<\/p><\/div>\n

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Unser Haus-Skorpion<\/p><\/div>\n

Zum Fr\u00fchst\u00fcck gibt es Feigen aus dem Garten (mit die besten, die ich je gegessen habe) und anschlie\u00dfend fahren wir mit Mahmood ins Nachbardorf zum Baden. Ja, tats\u00e4chlich, baden! Der Fluss, an den wir gehen, ist n\u00e4mlich so abgelegen, dass man die islamische Kleiderordnung mal f\u00fcr einen Augenblick \u00fcber Bord werfen darf. Es ist eiskalt und im Gegensatz zu dem warmen klebrigen Meer auf Hormoz<\/span><\/a> eine echte Erfrischung. Nach zwei Runden im Wasser und einer kurzen Entspannungsphase im Schatten der B\u00e4ume essen wir im Ort Kebab (die Kurden k\u00f6nnen den irgendwie besser als der Rest des Landes) und trampen auf einem Lieferwagen zur\u00fcck in unser Dorf, wo wir ein wenig durch die Stra\u00dfen schlendern und uns ein islamisches Kloster und eine zoroastrische<\/span><\/a> Gebetsst\u00e4tte ansehen. Je l\u00e4nger wir hier sind, desto mehr bemerken wir, dass die Gegend sehr traditionell und erzkonservativ eingestellt ist. Mahmood wird st\u00e4ndig gefragt, was Anahita f\u00fcr ein Verh\u00e4ltnis mit uns beiden hat und die Leute k\u00f6nnen oder wollen einfach nicht glauben, dass wir nur befreundet sind. Es geht sogar einmal so weit, dass jemand fragt, ob Anahita noch Jungfrau w\u00e4re, nach nicht mal zwei Minuten Gespr\u00e4ch. \u201eGr\u00fc\u00df dich!\u201c – \u201eWie geht\u2019s?\u201c – \u201eGut. Woher kommen die beiden?\u201c – \u201eAus Deutschland.\u201c – \u201eUnd was hat die Frau f\u00fcr ein Verh\u00e4ltnis zu denen?\u201c – \u201eDie studieren zusammen.\u201c – \u201eAha. Ist die denn noch Jungfrau?\u201c. So oder so \u00e4hnlich. Absurd! Ich \u00fcberlege mir, wie es wohl w\u00e4re, wenn Till und ich ein Paar w\u00e4ren – vermutlich w\u00fcrden die Leute nicht mal dumme Fragen stellen, wenn wir auf der Stra\u00dfe H\u00e4ndchen halten w\u00fcrden, denn auch das sieht man hier hin und wieder – rein br\u00fcderlich nat\u00fcrlich. Alle sind viel zu festgefahren auf ihr verschrobenes Weltbild, in dem M\u00e4nner und Frauen einfach nicht befreundet sein k\u00f6nnen, als dass sie sich dar\u00fcber Gedanken machen k\u00f6nnten, dass der ach-so-s\u00fcndige voreheliche Sex auch zwischen zwei M\u00e4nnern oder zwei Frauen stattfinden k\u00f6nnte. Und was unsere S\u00fcnde in deren Leben ver\u00e4ndern w\u00fcrde, ist mir dar\u00fcber hinaus sowieso schleierhaft. Wie gesagt – absurd. Aber immerhin bekommen wir einen recht unverdorbenen Eindruck, denn hierhin scheint sich wirklich fast nie ein Tourist aus dem Westen zu verirren.<\/p>\n

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Kebab-Familie<\/p><\/div>
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Indiana-Jones-Br\u00fccke \u00fcber unserem Bade-Fluss<\/p><\/div>
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Nicht bequem, aber gratis<\/p><\/div>
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Also sprach Zarathustra<\/p><\/div>
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Abh\u00e4ngen<\/p><\/div>
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Tea time<\/p><\/div><\/p>\n

Gegen Abend fahren wir mit dem Taxi wieder in die N\u00e4he des Schmuggler-Bergs vom Vortag, wo wir zwei Stunden sitzen, Tee trinken und den Sonnenuntergang beobachten. Dort oben ist ein kleines Restaurant mit offener Front zu den Bergen und dementsprechend einem Wahnsinns-Blick auf die gesamte Umgebung, inklusive den ersten irakischen St\u00e4dten hinter der Grenze. Nachdem die Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist, gibt es noch was zu Essen (nat\u00fcrlich Kebab, etwas anderes ist in Kurdistan schwer zu kriegen) und dann trampen wir auf der Ladefl\u00e4che von zwei Schmuggler-Trucks, die vermutlich die milit\u00e4rische Aufpasser-Lage in der Umgebung checken wollen, ins Tal. Dort bekommen die Soldaten am Kontrollpunkt eine T\u00fcte Pistazien von Mahmood, damit sie keine Fragen stellen (wollten sie aber wahrscheinlich eh nicht, sondern eigentlich nur m\u00f6glichst reibungslos ihren zweij\u00e4hrigen Milit\u00e4rdienst ableisten) und den restlichen Weg ins Dorf fahren wir mit einem Mann, der mit seiner kleinen Tochter auf dem Weg nach Hause ist. Wir bereiten uns wieder unser Schlafgemach auf dem Dach unter dem perfekten Sternenhimmel und bemerken, dass wir die ganzen letzten Tage kein einziges Flugzeug \u00fcber uns gesehen haben. Vielleicht durch die N\u00e4he zum IS-Gebiet, vielleicht auch Zufall. Man wei\u00df es nicht. Am n\u00e4chsten Tag fahren wir f\u00fcr Anahitas Geburtstag zur\u00fcck nach Teheran.<\/p>\n

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Restaurant mit Aussicht<\/p><\/div>\n

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Vorne: Schafe. Hinten: Irak.<\/p><\/div>
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Schlafgemach<\/p><\/div>
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Khodahafez, Uraman Takht!<\/p><\/div><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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