Deprecated: Required parameter $args follows optional parameter $depth in /customers/9/3/4/janisbrod.com/httpd.www/wanderlens/wp-content/themes/hemingway/functions.php on line 145 Deprecated: Required parameter $output follows optional parameter $depth in /customers/9/3/4/janisbrod.com/httpd.www/wanderlens/wp-content/themes/hemingway/functions.php on line 145 Warning: Cannot modify header information - headers already sent by (output started at /customers/9/3/4/janisbrod.com/httpd.www/wanderlens/wp-content/themes/hemingway/functions.php:145) in /customers/9/3/4/janisbrod.com/httpd.www/wanderlens/wp-content/plugins/onecom-vcache/vcaching.php on line 614 Warning: Cannot modify header information - headers already sent by (output started at /customers/9/3/4/janisbrod.com/httpd.www/wanderlens/wp-content/themes/hemingway/functions.php:145) in /customers/9/3/4/janisbrod.com/httpd.www/wanderlens/wp-content/plugins/onecom-vcache/vcaching.php on line 622 Warning: Cannot modify header information - headers already sent by (output started at /customers/9/3/4/janisbrod.com/httpd.www/wanderlens/wp-content/themes/hemingway/functions.php:145) in /customers/9/3/4/janisbrod.com/httpd.www/wanderlens/wp-includes/feed-rss2.php on line 8 Reiseblog – W A N D E R L E N S https://wanderlens.janisbrod.com Bild und Wort von Hier und Da. Fri, 10 Nov 2023 16:37:09 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.5.2 EU-Außengrenze und die Last-Minute-Fähre nach Bella Italia https://wanderlens.janisbrod.com/eu-aussengrenze-und-die-last-minute-faehre-nach-bella-italia/ Fri, 27 Sep 2019 22:08:28 +0000 http://wanderlens.janisbrod.com/?p=1966 Wir wollen von Montenegro aus übers Wasser nach Italien, um dort noch kurz das Dolce Vita zu genießen und eine andere Strecke nach Berlin zurückzufahren, als wir gekommen sind. Schon bei der Ankunft am Busbahnhof in Kotor ist zu erkennen, dass es hier etwas weniger strukturiert abläuft als anderswo in Europa. Es gibt keine Anzeigetafel oder sonstige Information, nur einen extrem entnervten Koordinator, der mit den Busfahrern telefoniert und die eingefahrenen Busse ausruft. Er weiß über Unseren auch nur, dass er Verspätung hat, aber eine Zeitangabe gibt es nicht. Es werden anderthalb Stunden, was uns etwas nervös werden lässt, aber nach meiner Rechnung haben wir immer noch zwei Stunden Puffer in Dubrovnik, bis unsere Fähre abfährt – und Google Maps rechnet den Stau an der Grenze ja schon ein, außerdem ist der Busbahnhof fünf Gehminuten vom Fährhafen entfernt. Sollte also alles klappen. Da haben wir die EU-Außengrenze aber mächtig unterschätzt.

Es gibt genau eine Busspur und vor uns sind drei Busse in der Schlange. Der erste ist bei unserer Ankunft schon in der Kontrolle, aber steht trotzdem noch 45 Minuten auf der Stelle. Wir sehen unsere Chancen zunehmend schwinden, heute noch auf die Fähre zu kommen, und am nächsten Tag fährt auch keine. Mietwagen und Unterkunft sind gebucht, ebenso der Zug von Bari zurück nach Deutschland. Es wäre ein mittelschweres finanzielles Desaster und würde zudem bedeuten, dass wir die letzten Tage unserer Reise in Städten statt im schönen Gargano Nationalpark verbringen müssten. Als einer der Busse vor uns ohne große Kontrolle durchkommt, schöpfen wir wieder Hoffnung. Nach der Grenzkontrolle, bei der ich mich zu allem Überfluss auch noch als Einziger einer Spezialkontrolle auf illegale Substanzen unterziehen lassen muss, ist abzusehen, dass wir ziemlich genau 22 Uhr (also exakt zur Abfahrt unserer Fähre)  in Dubrovnik ankommen werden, deshalb setzen wir jetzt alle Hebel in Bewegung: Ich telefoniere, nachdem ich drei mal an unterschiedliche Nummern weitergeleitet werde, mit der Fährgesellschaft und uns wird Mut gemacht, dass wir es fünf Minuten später auch noch aufs Schiff schaffen. Die Frau am Telefon checkt uns schon ein, damit wir später nur noch unseren Pass vorzeigen müssen. Dann kommuniziere ich etwas umständlich über den Google-Übersetzer mit dem etwa zwölfjährigen kroatischen Sohn des Busfahrers, der uns ausnahmsweise schon während der Fahrt die Gepäckklappe öffnet, damit wir unsere Rucksäcke schon aufsetzen und am Busbahnhof direkt losrennen können.

Am Fährhafen finden wir nicht gleich den richtigen Eingang und machen uns deshalb durch den Zaun bemerkbar. Jeder random vorbeilaufende Mitarbeiter weiß anscheinend schon über uns Bescheid („Maria and James?“). Uns wird noch ein bisschen unnötiger Druck gemacht („Last Car! Run!“) weshalb wir mit unseren jeweils 20kg auf dem Rücken zum Schiff sprinten, welches danach noch gut eine Dreiviertelstunde im Hafen steht. Auf den Schreck gönnen wir uns erst mal ein kaltes Bier an der Captain’s Bar mit Raggaeton und Discobeleuchtung, freuen uns unseres Lebens und eröffnen dann ein gemütliches Isomattenlager auf dem Teppichboden.

 

Fix und fertig.

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Per Zug, Bus und Anhalter durch Montenegro https://wanderlens.janisbrod.com/per-zug-bus-und-anhalter-durch-montenegro/ Fri, 27 Sep 2019 22:07:20 +0000 http://wanderlens.janisbrod.com/?p=1964 Für mich als alten Zug-Fetischisten ist die 11-stündige Fahrt nach Montenegro eine wahre Freude. Wir sitzen in alten Waggons der Deutschen Reichsbahn, jeder von ihnen hat eine andere Ästhetik und es gibt einen Speisewagen, in dem fleißig geraucht und Kaffee getrunken wird. Die Mitarbeiter verstehen offensichtlich meine Euphorie nicht so ganz und warum ich da jetzt ständig mit der Kamera rumrenne sowieso nicht. Nachdem nur eine Stunde von Belgrad entfernt erst mal die Lok getauscht wird, weil die alte kaputt ist, geht es durch Täler und Tunnel auf den Weg nach Süden. Ungefähr ein Viertel der Strecke verläuft im Tunnel, was auf der einen Seite schade ist, aber auf der anderen Seite auch ziemlich faszinierend, wenn man darüber nachdenkt, was der Bau dieser Strecke mal für ein Mammutprojekt gewesen sein muss. Die Grenzkontrolle nimmt wieder mal ganz schön viel Zeit in Anspruch und durch einen kleinen Denkfehler (Montenegro hat den Euro, also muss es ja in der EU sein, oder?) sind wir mit einer kurzen Google-Anfrage auf dem Handy direkt mal 45€ ärmer. Montenegro ist nämlich in der teuersten Roaming-Kategorie „Welt 3“, also derselben Zone wie beispielsweise Afghanistan, Mosambik oder Papua-Neuguinea… Verstehe das, wer wolle.

Farbpalette passt!

Zug-Landschaften

Zum Glück habe ich noch Guthaben auf meiner serbischen Simkarte, mit der wir uns, weil wir erst kurz vor Sonnenuntergang in Kolašin ankommen werden, einen Campingplatz für die nächsten zwei Nächte buchen können. Wir werden von einem Taxi am Bahnhof abgeholt, halten kurz in der Stadt zum Geld abheben und fahren dann mit bestem Bergblick zur bildschön gelegenen Gradina Campsite direkt am Bach in einem kleinen Dorf. Außer uns ist dort noch eine Gruppe Pfadfinder aus Belgien, die aber am nächsten Morgen abreisen und uns freundlicherweise eine Wanderkarte, eine Melone und belgische Schokolade hinterlassen. Wir machen einen kleinen Ausflug per Anhalter ins hübsche Kolašin, wo ich es nach einigen missglückten Versuchen in Serbien endlich mal schaffe, im Computerraum der öffentlichen Bibliothek das Filmmaterial von den SD-Karten auf meine externe SSD zu übertragen. Während es kopiert, kaufen wir ein, essen Eis und schreiben Postkarten. Das Preisniveau ist doch merkbar höher als in Serbien und das ganze Gebiet scheint touristisch perfekt ausgebaut zu sein, insbesondere für Wintersport. Dafür gibt es hier die günstigsten Handytarife aller Zeiten, 5€ für 500 Gigabyte LTE inklusive Simkarte. Wir trampen zurück zum Camp und machen noch eine Mini-Wanderung in Richtung der Höhle, die uns die belgischen Pfadfinder empfohlen haben, oder zumindest glauben wir das. Wir verlaufen uns stattdessen irgendwo im Nirgendwo auf Kuhweiden, von denen man allerdings auch eine sehr schöne Aussicht hat. Wir vermissen schon ein wenig das Auto, mit dem man jetzt einfach etwas weiter in die Berge fahren könnte, von wo aus vermutlich spannendere Wander-Routen abgehen würden. Stattdessen machen wir ein kleines Lagerfeuer im Camp und grillen diverses Gemüse – auch schön.

Irgendwo in the middle of nowhere…

Hitchey-hikey

Am nächsten Morgen trampen wir mit zwei jungen Franzosen zum Biogradska Gora Nationalpark, wo wir unser Zelt gegen einen kleinen Unkostenbeitrag bei der Nationalparkverwaltung mehr oder weniger direkt am malerischen Biogradsko-See zwischen riesig hohen Buchen aufschlagen und uns dann mit kleinerem Gepäck auf den Weg machen, den Park zu erkunden. Wir umrunden erst mal den halben See, was schon ziemlich schön ist. Dann geht es durch den Wald steil bergauf zum Dorf Katun Goleš, 500 Höhenmeter. Es ist ordentlich anstrengend, weil der Weg oft nicht mehr als ein Trampelpfad ist und es so steil hoch geht, dass man fast auf allen Vieren gehen müsste. Aber wir werden mit einem super-idyllischen Bergdorf belohnt, leider ohne Blick auf den See, aber dafür mit zwei extrem verspielten Hundewelpen, massenhaft Schafen, einem guten Kaffee und einem reichhaltigen lokalen Mittagessen bestehend aus sehr fettigen Brötchen, Spinat-Blätterteig-Gebäck, Tomaten und Polenta. Wir liegen noch eine weile auf der Weide und blicken über das Dorf, bevor wir den beschwerlichen Weg wieder runter ins Tal kraxeln. Der Rest der See-Umrundung ist noch viel beeindruckender als die erste Hälfte. Die Holzstege über Pflanzen mit völlig überdimensionalen Blättern haben richtiges Dschungel-Flair, wir halten unsere müden Füße in die Mündung eines eiskalten Bergbachs und die Abendsonne wirft uns in Kombination mit dem Wind in den Blättern ständig schöne Lichtspiele auf den Weg. Am Wegesrand sind immer wieder Infotafeln und Rätsel für Kinder. Auf einer von ihnen erfahren wir, dass es im Park auch Bären gibt. Wir erkundigen uns bei unserer Rückkehr zum Camp noch mal bei der Nationalparkverwaltung, ob wir diesbezüglich irgendwas beachten müssten, aber scheinbar kommen die Bären nie ins Tal. Unsere Bade-Pläne werden durch gigantische Blutegel durchkreuzt, die jetzt nach Sonnenuntergang überall im Wasser auftauchen, also gehen wir direkt zum Abendessen am Ufer über, wobei links und rechts von uns immer wieder fette Kröten langsam in Richtung Wasser krabbeln und sich offenbar kein bisschen von uns stören lassen.

Katun Goleš

Hunde-Kumpels

Biogradsko Jezero

Nächtlicher Besuch

Zeltplatz

Das Baden wird am nächsten Morgen nachgeholt, gefolgt von einem maximal idyllischen Frühstück ganz alleine auf dem Instagram-Steg des Biogradska Gora, der dem Königsee ziemlich ähnlich sieht, nur ohne das überfüllte Disneyland-Flair. Dann fahren wir mit dem Taxi nach Mojkovac, von wo aus wir den Zug an die Küste nehmen wollen. Den Durmitor Nationalpark, zu dem wir ursprünglich auch wollten, haben wir für diesmal abgewählt, weil die Zeit zu knapp wäre und uns nach den ganzen Berg- und Hügellandschaften jetzt der Sinn nach Meer steht.

Frühstücks-Aussicht

Völlig übertrieben!

Am Bahnhof von Mojkovac gibt es genau ein Gleis und einen Mitarbeiter, der rauchend in einem Kontrollraum voller vergilbter Kontrollinstrumente sitzt, die scheinbar seit den 70ern unverändert sind. Hach ja, ich mag die montenegrinische Eisenbahn. Auf der Strecke weiter gen Süden fahren wir über die höchste Eisenbahnbrücke Europas und entdecken dann nach unserer Ankunft am Bahnhof von Sutomore ein mit weißem Permanent Marker auf die Säule geschriebenes „Garderoba 0-24“ – verfasst von einer im Bahnhofsgebäude wohnenden verwirrt wirkenden Frau mittleren Alters, die uns auch direkt einen Schlafplatz anbieten würde, als wir ihr für 4€ unser Gepäck überlassen. Mit abgespeckten Rucksäcken machen wir uns dann auf den Weg zu drei Stränden, die ich mir auf der Karte markiert habe. Unser erster Eindruck der Küste ist, dass es hier mächtig hässlich ist. Wir laufen durch eine typische Fressmeile an einem Strand voller Schirmchenliegen und sobald wir aus dem Gewusel herauskommen, stehen wir in einer staubtrockenen Landschaft mit ziemlich viel Müll. Zur ersten Markierung auf der Karte geht es durch einen etwa 400m langen stockfinsteren Tunnel im Felsen. Uns kommen aber diverse Menschen mit Badesachen entgegen, die uns darin bestätigen, dass wir richtig sind. Der Felsstrand jenseits des Tunnels ist ziemlich schön, wenn auch gut besucht. Wir baden eine Runde und kochen uns dann erst mal Mittagessen, sehr zur Belustigung der Einheimischen. Am Nachmittag begeben wir uns noch mal auf den Weg, ein paar Sachen einzukaufen und einen Schlafplatz zu suchen. Letzteren finden wir nach ein bisschen suchen an einem kleinen Steinstrand noch etwas weiter stadtauswärts, den wir nach Sonnenuntergang ganz für uns haben und nur das luftige Innenzelt aufbauen.

Tunnel zum Strand

 

Schlafplatz

Nachdem wir von der Sonne herausgekitzelt werden, statten wir noch mal dem schönen Felsstrand vom Vortag einen Besuch ab, gönnen uns ein Pistazieneis in der Fressmeile und begeben uns dann auf die beschwerliche Reise Richtung Kamp Veslo auf der Luštica-Halbinsel, wo die Küste besonders schön sein soll. Erst fahren wir mit dem Bus nach Budva, wo wir eine Kaffeepause am schönsten Busbahnhof der Welt zwischen Pfauen und Springbrunnen machen, dann versuchen wir eine Weile erfolglos von dort aus weiter zu trampen, aber wir stehen in der Mitte der Stadt. Also nehmen wir uns ein überteuertes Taxi aus der Stadt heraus und werden von dort aus dann sehr schnell erst von einem netten jungen Mann aus Kotor mitgenommen und anschließend von zwei Britisch-Montenegrinischen Frauen , die uns einfach die Tür aufmachen und Platz freiräumen, aber erst mal kein Wort mit uns reden, sondern sich nur weiter unterhalten. Für die letzten dreieinhalb Kilometer müssen wir etwas länger warten, aber laufen mit dem ganzen Gepäck in der Hitze wäre einfach ganz schön ätzend. Irgendwann haben wir es dann geschafft und sind auf einem bildschönen Campingplatz, wo wir in der ersten Reihe direkt am Meer unser Zelt unter Olivenbäumen aufschlagen können, in denen unermüdlich die Zikaden zirpen. Der felsige Strand ist auch wunderbar und wir fühlen uns bestätigt, dass es die richtige Entscheidung war, herzukommen. Die nächsten anderthalb Tage sind purer Urlaub ohne große Unternehmungen, auch einfach deshalb, weil wir von hier nur unter großen Anstrengungen weg und wieder her kommen würden. Aber das ist auch gar nicht schlimm. Wir hätten zwar gern noch die Kayak-Tour in die nahegelegene Blaue Höhle gemacht, aber es gibt nur einen Anbieter dafür und 80€ pro Person ist es uns dann auch nicht wert.

Abendliches Bad

Kamp Veslo

Dinner on the rocks

Frühstück

Unser letztes Ziel in Montenegro ist die Weltkulturerbestadt Kotor, wohin wir glücklicherweise direkt vom Campingplatz von einer österreichischen Familie im Wohnmobil mitgenommen werden. Wir beziehen erst mal unsere charmante Unterkunft unwesentlich außerhalb der historischen Altstadt und spazieren dann ein bisschen durch ebendiese. Es ist wirklich sehr hübsch, aber auch sehr touristisch. Marie sagt, es erinnere sie an Venedig. Im Hafen steht ein riesiges Kreuzfahrtschiff und in den schmalen Gassen reihen sich zig Souvenir-Shops und Juweliere aneinander, überall laufen Katzen herum. Nach ein bisschen Antipasti vom Markt, das wir auf der Straße verzehren, gehen wir in Richtung der Festung, von der aus man einen guten Blick über die Stadt und die Bucht haben soll – aber es soll 8€ Eintritt kosten, also wählen wir das wieder ab und planen lieber für den nächsten Tag eine andere kleine Wanderroute auf den Berg. Kurz darauf sind wir froh über diese Entscheidung, als es anfängt, in Strömen zu regnen. Wir verbringen den restlichen Tag größtenteils in Cafés und Restaurants – wir sind ja eh noch voll im Urlaubsmodus. Am Morgen nach dem Frühstück gehen wir auf den Wanderweg, der praktischerweise fast direkt vor unserem Haus startet, und laufen mit einer größeren Regenpause durch das feuchtgraue Klima nach oben. Um uns herum hängen tief liegende Wolken, zwischen denen man eine sehr schöne Aussicht auf die Bucht und die Festung hat. An einer unscheinbaren Weggabelung, an der eine kleine verlassene Kirche steht, geht es auch zur Festungsmauer und wir beobachten, wie dort jemand eine Leiter hochklettert. Tatsächlich ist dort ein Fenster in der Mauer (hier) und man kommt – ohne 8€ Eintritt zu zahlen – in die Festungsanlage. Wir gucken uns das Touristenspektakel noch ein bisschen an, bleiben aber nicht allzu lang, weil wir die meiste Zeit in einer Wolke stecken und nicht viel sehen. Außerdem haben wir auch nicht mehr ewig Zeit, bis unser Bus nach Dubrovnik zum Fährhafen abfährt. Wir trinken noch einen Kaffee und Granatapfelsaft in einem idyllischen Kaffee mit zwei kleinen Katzen und marschieren dann wieder abwärts, um unsere Sachen zu packen und zum Busbahnhof zu gehen. Von dort aus geht es auf eine aufreibende Busfahrt über die EU-Außengrenze nach Kroatien, um von dort aus die Fähre nach Italien zu nehmen.

Kotor

Jugoslawische Baukunst

Die Burg nach dem Gewitter

Cat content

Gangster shit!

Free tour durch die Burganlage

Hier noch mein Video von der gesamten Reise durch Serbien, Montenegro und Italien:

 

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Rail- & Roadtrip durch Serbien https://wanderlens.janisbrod.com/rail-roadtrip-durch-serbien/ Thu, 12 Sep 2019 09:31:47 +0000 http://wanderlens.janisbrod.com/?p=1706 Nach einer entspannten Nachtzugfahrt nach Budapest und einem schönen klassischen Städtetrip-Tag dort kommt eine weniger entspannte Weiterfahrt nach Belgrad. Im Gegensatz zu meinem letzten Balkan-Ausflug vor 4 Jahren gibt es nämlich keine durchgehende Zugverbindung mehr, weil Serbien in der Absicht eines baldigen EU-Beitritts die Bahnstrecken renoviert. Stattdessen nehmen wir einen Zug an die serbische Grenze, von wo aus wir nach einer relativ langwierigen Passkontrolle (immerhin im Zug) mit der langsamsten Bahn der Welt weiter nach Novi Sad fahren. Von dort ist es dann noch ungefähr eine Stunde mit dem Bus und wir sind statt wie früher 5 Stunden effektiv den ganzen Tag unterwegs. In Belgrad angekommen schleppen wir uns erst mal quer durch die Innenstadt, weil die Taxifahrer horrende Nachtzuschläge berechnen. Unser Hostel ist optimal inmitten der mediterran anmutenden Fressmeile gelegen und wir gönnen uns noch ein ziemlich leckeres Abendessen mit serbischer Volksmusik (live direkt am Tisch).

Die Bilder in diesem Post sind eine wilde Mischung aus Film Stills aus dem Reisevideo, Handyfotos und Fotos von Maries Kompaktkamera.

Budapest

Szimpla

Markttag

Cruisin‘

Am nächsten Morgen laufen wir ein wenig durch die Belgrader Altstadt, besorgen eine Simkarte und gehen dann in Richtung der Festung. Auf dem Weg dorthin fällt uns auf, dass in der ganzen Stadt verteilt an fast jeder Straßenlaterne, Ampel und wo es sich sonst anbietet, eine serbische und eine französische Flagge nebeneinander hängen. Dieses Phänomen erklärt sich uns nach einer kurzen Internet-Recherche, nachdem wir in dem Park mit der Festung auf ein massives Polizeiaufgebot stoßen und nicht weiter gelassen werden – Emmanuel Macron ist nämlich zu Besuch und läuft vermutlich gerade zeitgleich ein paar hundert Meter weiter durch denselben Park. Wir nehmen dann einen kleinen Umweg auf die andere Seite der Festung, besuchen dort die wunderschöne kleine Kirche der Heiligen Petka. Danach essen wir fantastische Knödel bei „Ferdinand’s Knedel“, holen unser Mietauto im brutalistischen Novi Beograd ab und begeben uns auf unseren sechstägigen Roadtrip durchs Land.

Unsere erste geplante Station ist zu weit weg, als dass wir dort nach unserem Wocheneinkauf noch im Tageslicht unser Zelt aufbauen und kochen könnten, also suchen wir uns auf Google Maps von oben vielversprechende Stellen am Wasser und fahren sie ab. Nach einem stinkigen Donau-Ufer und einer sumpfigen, aber sehr schönen Flussmündung, wo man leider nirgendwo mit dem Auto vom Damm herunterkommt, geben wir uns mit einer Stelle an einem Badesee zufrieden, allerdings auf der gegenüberliegenden Seite von der offiziellen Badestelle. Es ist leider ziemlich müllig und man kommt nicht ganz ans Wasser heran, aber hey – erste Nacht… Da kommt schon noch Besseres! Nach unseren deliziösen Nudeln mit Pilzsauce schlafen wir eher so semi-gut, weil ringsherum die ganze Nacht eine gewisse Geräuschkulisse von der Dorfjugend und diversen Hunden herrscht. Dafür geht es am nächsten Morgen direkt weiter zu einer absoluten Bilderbuch-Badestelle. Also rein optisch, denn das fast unnatürlich türkise Wasser ist eisig kalt. Man hält es keine Minute darin aus, ohne dass einem gefühlt das Blut in den Adern gefriert. Danach essen wir im Restaurant neben dem Eisbach zu Mittag – für mich gibt’s Forelle, für Marie leider nur Pommes, denn die Auswahl an vegetarischen Gerichten ist, nun ja, überschaubar. Mit gefülltem Magen entdecken wir dann noch das eigentliche Highlight dieses Ortes, ein Staubecken mit einer Höhle, in der sich wohl die Quelle des türkisen Wassers verstecken muss. Nebenan stelle ich dann noch zu meiner Enttäuschung fest, dass die beiden Forellen in meinem Bauch aus Massenfischhaltung stammen, denn die Betreiber des Restaurants haben hier eine Art kleine Aquafarm, in der die Fische quasi fast aufeinander liegen.

Türkisblauer Eisbach

Eisig!

Forellenfarm

Weiter geht’s zum nächsten Naturphänomen, der Resava-Höhle. Ich bin ja höhlentechnisch durch das Location Scouting für unseren Sehsüchte-Trailer schon etwas verdorben, aber es ist trotzdem mächtig beeindruckend! Wir müssen fast unsere kompletten warmen Sachen tragen, denn in der Höhle sind nur etwa 7 Grad. Die Führung ist komplett auf Serbisch, aber es gibt genug zu sehen, um auf die auditive Untermalung verzichten zu können. Als wir die Höhle verlassen und die malerische Hügellandschaft ringsherum schon in tiefe Spätnachmittagssonne getaucht wird, beraten wir uns kurz, ob wir es noch heute zum Lazarev Kanjon schaffen. Wir kommen zu dem Schluss, dass das schon irgendwie gehen wird. Aber nachdem die Straße immer enger und holpriger wird, stehen wir nach etwa einer Stunde Fahrt einem unüberwindbaren Hindernis gegenüber. Wir haben zwar zum Glück schon ein kostenloses Upgrade auf einen deutlich geländetauglicheren Wagen bekommen, aber vor uns geht die „Straße“ durch einen Bach und direkt danach steil hoch, das schafft auch unser Möchtegern-SUV nicht. Wir drehen erst mal höchst umständlich um und stellen dann fest, dass man sich eigentlich kaum eine schönere Landschaft zum wild campen vorstellen kann als die, in der wir gerade stehen. Wir sind direkt neben einer einsamen Farm in einem grünen Tal, eine gefühlt hundertjährige Frau treibt gerade die Schafe in den Stall und die Abendsonne hebt die Formen der Hügel wie in einer Mischung aus Bob Ross und Teletubby-Land hervor. Wir versuchen, der alten Damen zu vermitteln, dass wir gern auf der Wiese nebenan unser Zelt aufschlagen würden und fragen, ob das okay für sie wäre. Als Hilfsmittel für die Kommunikation haben wir Maries Zeichenblock mit einem Zelt darauf und eine Offline-Wörterbuch-App (zum Glück hab ich aus fünf Jahren Waldorfschul-Russisch wenigstens noch das kyrillische Alphabet einigermaßen im Kopf behalten). Die Frau versteht leider offensichtlich überhaupt nicht, was wir wollen und wiederholt immer wieder das Wort „Buba“ (Käfer) – scheinbar möchte sie uns vor den Insekten warnen, wenn wir draußen schlafen. Wir vermuten, dass sie das Konzept des Zeltens einfach nicht kennt, wenn sie vielleicht schon ihr ganzes Leben auf dieser Farm in diesem Tal verbracht hat. Als sie uns dann aber das Zelt aufbauen sieht, hat sie doch ein Lächeln auf den Lippen.

Resava Cave

Abendessen im Land der Bubas.

Die Nacht in dem Tal, das augenscheinlich von niemandem außer der Buba-Omi bewohnt wird, ist deutlich entspannter. Wir schlafen tief und fest und wachen um sechs Uhr morgens komplett ausgeruht auf – wir haben unseren Rhythmus innerhalb von zwei Tagen schon komplett an das Tageslicht angepasst. Wir waschen uns nach dem Frühstück in dem Bach, der zum Glück wenigstens ein paar Grad wärmer ist als der letzte und beobachten einen Lada Niva, der diesen vollkommen problemlos durchquert. Das wäre auf jeden Fall das richtige Auto für hier. Unsere Weiterfahrt geht allerdings erst mal ein Stück zurück, von wo aus man mit einem kleinen Umweg auch auf die Straße kommt, die wir zum Lazarev Kanjon nehmen müssen. Der letzte Stand von Google Maps, bevor wir im Funkloch gelandet sind, waren 45 Minuten bis zum Ziel. Wir aktivieren jetzt maps.me, weil wir da eine Offline-Karte für Serbien haben – dort steht zwei Stunden. Tatsächlich werden es ungefähr dreieinhalb Stunden für 25 Kilometer, in denen wir immer wieder Angst haben, dass das Auto es nicht überleben könnte. Marie steigt regelmäßig aus und räumt große Steine aus dem Weg oder guckt, wo man unversehrt entlangfahren kann. Außer uns ist niemand auf diesen „Straßen“ unterwegs, um uns herum sind nur wilde Wiesen und eine riesige Insektenparty.

Als wir dann endlich ankommen, werden wir mit einem fantastischen Blick auf die Schlucht belohnt und zerteilen erst mal die Wassermelone, die wir noch im Kofferraum hatten. Die Landschaft hat was vom Yosemite Nationalpark, ziemlich spektakulär auf jeden Fall. Nach der stressigen Fahrt ist erst mal eine kleine Pause angesagt, wir kochen uns Mittagessen und machen einen kleinen Spaziergang durch die Schlucht zu einem weiteren Aussichtspunkt. Hier sind ein paar mehr Leute unterwegs, weil in der Nähe ein Parkplatz ist. Wie wir kurz darauf feststellen, wäre es sehr viel klüger gewesen, einmal komplett außen um den Nationalpark auf normalen Straßen zu fahren und von dieser Seite reinzukommen. Aber wäre ja auch irgendwie langweilig. Es gibt hier auch eine Höhle, die aber kurz bevor wir dort ankommen schon schließt. Wir fahren also erst mal aus dem Nationalpark raus in Richtung des nächsten Dorfs, denn es wird auch schon langsam Abend und wir müssen noch Wasser kaufen und uns einen Schlafplatz suchen. Als wir wieder auf eine asphaltierten Straße kommen, möchte ich am liebsten aussteigen und den Boden küssen.

Lazarev Kanjon

 

Nach unserem kleinen Einkauf markieren wir ein paar vielversprechende Stellen auf der Satellitenansicht von Google Maps und fahren diese dann ab. Wir finden eine recht schöne Wiese, direkt daneben steht allerdings eine kleine Farm. Ich sehe zwischen den Büschen durchblitzen, dass weiter hinten auf einer anderen Wiese ein Mann auf einem Klappstuhl sitzt und wir gehen zu ihm hin. Er hütet seine Schafe und hat nur einen Zahn. Wir vermitteln ihm mit unseren drei Wörtern serbisch unser Anliegen und er gibt uns zu verstehen, dass es überhaupt kein Problem sei, wenn wir hier unser Zelt aufschlagen. Kurz darauf kommt seine Frau nach Hause und wird in ebendiesem Moment von ihrem Mann angerufen, der ihr erklärt, dass hier zwei junge Leute ihr Zelt aufbauen wollen. Sie bittet uns, doch einfach bei ihnen auf den Hof zu fahren und dort zu zelten, was wir dann auch tun. Zwischen alten Pflügen und Disteln errichten wir unser Schlafgemach, essen noch was und gehen dann wieder früh schlafen. Am nächsten Morgen werden wir von Ljubinka und Vlasta zum Frühstück eingeladen – es gibt leckeren türkischen Kaffee und Schafsmilch mit Honig. Zu unserem Erstaunen schmeckt die Milch sehr mild – mehr als eine kleine Tasse ist trotzdem nicht drin. Ljubinka zeigt uns Fotos von ihrer Tochter und versucht uns alles mögliche zu erzählen, wovon wir eigentlich nur verstehen, dass sie in der nächstgrößeren Stadt studiert. Sie schreibt uns etwas auf einen Zettel und gibt uns Schafskäse und Tomaten aus eigener Produktion mit. Später lassen wir uns den Brief übersetzen:

Ich habe nicht zugelassen, dass ihr draußen schlaft, wegen der Wildschweine. Ihr seid auch nächstes Jahr herzlich willkommen. Wir freuen uns, wenn jemand zu Besuch kommt, weil unsere Kinder nicht mehr hier sind und wie hier alleine sind. Ich würde mich freuen, wenn ihr unsere Enkelkinder kennenlernen könntet.

 

Schafe werden eingetrieben

Schlafplatz

Käffchen!

Ljubinka und Vlasta

Wir verabschieden uns von unseren süßen Gastgebern, machen ein zweites Frühstück mit Brot und Schafskäse am Straßenrand mit Ziegen, bevor wir uns dann auf den Weg in den Westen machen. Unser Ziel ist das Kloster Studenica, erbaut im 12. Jahrhundert. Auf dem Weg dorthin halten wir noch bei einer silbrig-glitzernden Kirche, in die uns ein verschmuster Hundewelpe folgt, einer verlassenen Jugendherberge mit massenhaft Schaukeln und Spielgeräten in den schönsten Pastellfarben davor und einem sehr unspektakulären kleinen Wasserfall. Kurz vor Studenica ist noch eine weitere uralte Klosteranlage, die genauso sehenswert ist. Wir nehmen das letzte Stück noch einen Anhalter aus Polen mit und als wir dann schließlich an unserem eigentlichen Etappenziel angekommen sind und wir erst mal eine Bohnensuppe in der Gaststätte essen, fängt es plötzlich an, wie aus Eimern zu schütten. Wir sind mitten in einem Tal, über dem sich eines der heftigsten Gewitter zusammengebraut hat, das wir beide je erlebt haben. In kürzester Zeit entstehen diverse Bäche über den Parkplatz, kurz darauf kommen dicke Hagelkörner vom Himmel und dazwischen schallt immer wieder ein extrem lauter Donner durch das Tal. Nach einer halben Stunde ist es vorbei und wir laufen durch den schön angelegten Innenhof des Klosters. Dann setzen wir uns kurz auf eine Mauer und überlegen uns den weiteren Plan. Unser nächstes Ziel ist der Uvac-Fluss und wir würden es auch noch bis zum Abend dorthin schaffen. Wir buchen aufgrund der Wetterlage eine Unterkunft und fahren weiter auf einer wunderschönen kurvigen Straße am nördlichen Rand des Golija-Nationalparks, von der aus man permanent Blick auf das hügelige Tal hat, in dem die tief liegenden Wolken von der Abendsonne angestrahlt werden. Wirklich malerisch. Bei der Ankunft am Guesthouse „Kanjon Uvac“ geht schon langsam die Sonne unter und nachdem uns der nette Inhaber unser Zimmer gezeigt und einen Tee spendiert hat, müssen wir erst noch mal auf die Kuhweide hoch laufen, von der aus man wieder mal einen wundervolle Aussicht auf das umliegende Hügelland und die rosa Wolken hat.

Ziegen-Kumpel

Schaukel-Paradies

Am nächsten Morgen ist die gesamte Umgebung in dichten Nebel gepackt und ein älterer Serbe, der perfekt deutsch spricht, weil er viele Jahre Gastarbeiter in Nürnberg war, gibt uns Tipps für die Umgebung. Vom Kamp Uvac, einem Campingplatz direkt am Fluss, starten Boote auf eine zweieinhalbstündige Tour inklusive Höhlenbegehung für 10€. Wir melden uns für den Mittag an, fahren noch mal zum Geld abheben in die Stadt und dann zum Campingplatz, wo wir auch direkt einen Platz für die Nacht reservieren. Das Camp ist wahnsinnig ramschig und es tuckert den ganzen Tag ein Dieselgenerator. Außerdem kommen hier Busladungen von Menschen an, die die Bootstour machen möchten. Wir gehen erst mal eine Runde spazieren und kraxeln einen kleinen Berg hoch, von wo aus wir zwischen Wildblumen und farbenfrohen Insekten auf den Uvac blicken. Bei unserer Rückkehr zum Camp sammeln sich schon langsam Scharen von Menschen, die alle auf ein Boot wollen, während die Boote von der letzten Tour zurück kommen und Ćevapčići essen. Mit einer knappen Stunde Verspätung fahren wir dann auch los und es ist ganz schön, den Flusslauf auch vom Wasser aus zu sehen. An den umliegenden Felsen nisten riesige Geier, die über unsere Boote fliegen. Die Höhle ist vor allem vollgestopft und kalt, außerdem haben die 3-4 Guides keine Kontrolle über die gefühlt 70 Touristen, die zum Teil auf die instabil aussehenden Felsen klettern, um für Fotos zu posen. Alles in allem kann man die Tour für den Preis schon machen, muss man aber auch nicht. Wenn ich noch mal die Wahl hätte, würde ich lieber irgendwo anders am Fluss einen privaten Bootsverleih suchen und das ganze mit mehr Ruhe angehen. Im Anschluss essen wir ein etwas überteuertes Sandwich auf dem Campingplatz und machen uns auf den Weg zum Aussichtspunkt. Weil es schon kurz vor Sonnenuntergang ist, schaffen wir es nur noch zum Ersten, der etwa eine Stunde entfernt ist und „nur“ den Blick auf die ersten engen Wendungen bietet. Trotzdem extrem schön, vor allem in der Abendsonne. Wir sitzen hier allein bis es dunkel wird und marschieren mit Stirnlampen zurück. Unser Zelt haben wir offenbar leider genau auf einer Benzin-Lache aufgebaut, jedenfalls riecht es so. Nebenbei tuckert noch der Generator und diverse Hunde bellen. Während wir mit unserem pisswarmen Weißwein und ein paar gerösteten Erdnüssen im Zelt sitzen und die letzte Folge Dark gucken, ärgern wir uns, dass wir hierfür 15€ zahlen sollen. Aber am nächsten Tag weiß niemand etwas und der Kumpel vom Camp-Besitzer winkt ab, als wir den Geldbeutel zücken. Also machen wir uns auf den Weg zurück nach Belgrad… Auf dem Weg dorthin halten wir noch an einem der zahlreichen Himbeerfelder und wollen uns eine kleine Portion kaufen, die kleinste Abgabemenge sind allerdings zweieinhalb Kilo – für 4,50€. Genug zu snacken also für den Weg. In Belgrad angekommen müssen wir noch die oberflächlichen Lack-Kratzer im Mietwagen mit Kokosöl wegpolieren (weil alle Waschstraßen am Sonntag geschlossen sind) und selbigen dann schweren Herzens wieder abgeben.

Abendstund hat Gold im Mund.

Golden Hour Uvac

Käffchen im Zug nach Montenegro

Hier noch mein Video von der gesamten Reise durch Serbien, Montenegro und Italien:

 

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South Florida: Miami, Everglades, Ten Thousand Islands https://wanderlens.janisbrod.com/south-florida/ Tue, 05 Mar 2019 16:19:47 +0000 http://wanderlens.janisbrod.com/?p=1518 Wir kommen am Abend hungrig in Miami an und essen kolumbianisch bei einem Restaurant nicht weit von unserem muffigen, aber gut gelegenen Hotel in Miami Beach. Danach suchen Josie und ich noch den Strand auf, um einmal schnell reinzuspringen, denn es sind immer noch mindestens 25 Grad. Wir reden auf dem Weg noch über Josies Hai-Phobie und treffen am Strand direkt als erstes auf einen Angler, der einen toten Hai neben sich liegen hat. Er ist ungefähr 1,20m lang und der Angler sagt uns, das sei ein Baby. Wir springen trotzdem noch mal für 30 Sekunden ins Meer und bleiben im flachen Wasser.

Der erste Tag ist hauptsächlich dem Strand gewidmet. Wir baden am North Beach und am South Beach und tanken etwas Sonne nach den anstrengenden und regnerisch-kalten Wochen in North Carolina. Dazwischen laufen wir noch ein wenig durch das für seine Street Art bekannte Viertel Wynwood und abends den dekadenten Ocean Drive entlang, um uns mal das ganze Miami-Spektakel zu geben. Es ist ziemlich genau so, wie ich es mir vorgestellt habe: dreißig Grad, viele schönheitsoperierte Menschen in Lamborghinis, überteuerte Restaurants und Cafés, überall Palmen und der Sonnenuntergang ist violett-orange.

Wynwood

Ocean Drive

Josie und mir reicht der eine Tag Miami und wir fahren eine Stunde nach Süden zum Biscayne National Park, während Max und Colin in der Stadt bleiben. Auf dem Weg dorthin sind wir umgeben vom saftigsten Grün, das ich seit langer Zeit sehe. Wir hatten große Sorge, ob die Nationalparks überhaupt offen sind, weil der werte Herr Trump erst kürzlich den „nationalen Notstand“ ausgerufen hat, damit er endlich seine Mauer bekommt. Kurz davor, beim Government Shutdown mussten nämlich alle Beschäftigten der US-Nationalparks für über einen Monat in den unbezahlten Zwangsurlaub gehen. Zum Glück hat der nationale Notstand nicht solche Auswirkungen und wir können uns ein Kajak mieten, um durch die Mangrovenwälder zu paddeln.

Der Angestellte, der uns die Einweisung gibt, war auch sichtlich genervt von dem Regierungskindergarten rund um die Mauer und sagt, man könne nie wissen, wann der nächste Shutdown kommt. Außerdem erzählt er uns diverse Fun Facts rund um den Nationalpark, zum Beispiel dass das Kühlungssystem des anliegenden Atomkraftwerks die Krokodilpopulation verzehnfacht hat, weil sie sich in den Wasserkanälen besonders wohl fühlen. Das Kraftwerk ist sogar in den Ausmalbüchern für Kinder vertreten, weil es ein fester Bestandteil des hiesigen Ökosystems geworden ist. Paradox. Außerdem fragt Josie ihn noch, ob er meint, wir könnten uns auf dem Rückweg eine der wunderbar grünen Kokospalmen-Plantagen mal genauer ansehen, an denen wir vorbeigefahren sind – davon rät er uns ab: „People here are very protective over their land… and they do have guns.“

Auf unserer Paddeltour sehen wir Pelikane, Reiher, diverse andere Vögel, springende Fische und sogar den Umriss eines Manatees unter Wasser. Vor allem ist es aber wunderbar ruhig und landschaftlich sehr schön. Danach gibt es einen leckeren puertoricanischen Pilz-Burger und wir fahren auf dem Weg zurück in die Stadt durch extrem dekadente Villenviertel an Gated Communities vorbei, wo vor uns eine Stretch-Limo irgendwelche Celebrities zu irgendeiner exklusiven Poolparty fährt. Auch mal interessant zu sehen. Außerdem stehen hier massiv beeindruckende Bäume an den Straßen und es laufen einfach Pfauen durch die Wohngegend.

Riesen-Baum als Statussymbol

Am nächsten Tag machen wir uns auf den Weg in die Everglades. Vorher besorgen wir uns aber noch einen Haufen völlig überteuerter Gebäckstücke in einer kubanischen Bäckerei, wo niemand englisch redet, und setzen uns damit auf eine Kirchentreppe. Während wir untermalt von einer Salsa-Playlist auf Spotify Zimtschnecken und Empanadas schlemmen, beobachten wir fast eine Stunde lang einen Mann, der sich nebenan den platten Reifen an seinem Auto ratlos ansieht. Er ist allerdings laut eigener Aussage fest davon überzeugt, dass er ihn selbst wechseln kann. Die ganze Szenerie ist ziemlich witzig für uns, weil wir gerade eine Woche zuvor auf dem Austauschprojekt in North Carolina einen Kurzfilm gedreht haben, in dem der Protagonist unbedingt selbst den platten Reifen wechseln möchte, um seine Frau und vor allem sich selbst von seiner Männlichkeit zu überzeugen.

Kirchen-Frühstück

Nach klassisch-amerikanischer Manier ist im Nationalpark alles gut mit dem Auto zu erreichen und von dort aus auf perfekt ausgebauten Wegen in kleinen Spaziergängen zu erschließen. Wir wollten eigentlich auch gern noch mit dem Boot weiter in die Sümpfe (wo man sicherlich noch sehr viel mehr gesehen hätte), allerdings sind so kurzfristig keine Kanus mehr für individuelle Touren verfügbar und die geführte Tour ist unverschämt teuer. Wir könnten eine dieser Tourifallen-Rundfahrten mit einem Airboat machen, aber auf so einer lauten Höllenmaschine durch den Dschungel zu preschen, hat für mich wenig mit dem zu tun, was ich mir von einem Nationalpark erwarte. Es ist trotzdem sehr interessant, vor allem auf dem geschotterten „Loop Road“. Wir sehen neben Schildkröten und Reihern eine ganze Menge Alligatoren, teilweise sehr nah, und die Landschaften mit den im Wasser stehenden Bäumen sind beeindruckend. Mittags machen wir einen unvermittelt schönen Zwischenhalt auf einem Hinterhof mit einem Yard Sale und bestem Südstaaten-Charme. Maureen, eine etwa 60-jährige Frau, die sich offensichtlich eher wie 25 fühlt, empfängt uns herzlich und erklärt uns, das hier sei ein sogenanntes „Speakeasy“, eine Art illegale Bar. Ein paar Harley-Fahrer haben sich hier versammeln und speaken easy bei einem kühlen Bier im Pavillon. Ich genehmige mir auch einen „Twisted Tea“, der in der Nachmittagshitze direkt ansetzt und mir auf dem Hängesessel ein sofortiges Urlaubsgefühl vermittelt.

Lost in the Glades.

Eine außerordentlich hässliche Schildkröte.

Maureens Garten

Gators

Wir schlagen Monument Lake Campground unsere Zelte auf und werden von der Campingplatz-Leiterin darauf hingewiesen, dass unser Platz genau auf der Route der Alligatoren zwischen dem See und dem Wald liegt. Wenn wir nachts aus dem Zelt gehen, sollen wir immer eine Taschenlampe anmachen und wenn wir zwei orangene Punkte sehen, sind das Alligator-Augen – dann sollen wir uns einfach groß und laut vor ihnen aufstellen, so könne uns eigentlich nichts passieren. Tatsächlich liegt direkt neben unserem Schlafplatz ein Alligator im See und schaut uns etwas vorwurfsvoll an, aber bleibt entspannt.

Es folgt mein persönliches Highlight: eine Paddeltour durch die Ten Thousand Islands mit Wildcamping auf Jewell Key. Wir müssen uns im Nationalpark-Informationscenter eine Camping-Genehmigung besorgen und die Sicherheitsvorkehrungen anhören. Wir werden gewarnt, dass auf Jewell Key eine Menge Waschbären wohnen und wir dringend aufpassen sollen, dass sie unser Essen und Wasser nicht anrühren. Die Waschbären scheinen nämlich ein echtes Problem zu sein, weil sie die Eier der Schildkröten essen und mit zusätzlicher Nahrung unsererseits würden wir ihnen helfen, sich weiter zu vermehren. Dann besorgen wir uns zwei ziemlich überteuerte und ziemlich schrottige Seekajaks, zu denen wir nicht mal einen einzigen Seesack bekommen, weshalb wir uns mit Plastiktüten behelfen. Gegen 13 Uhr brechen wir von Everglade City in den Golf von Mexiko auf.

Wir fahren etwa eine Stunde, sehen eine gigantische Schildkröte, die ihren Kopf aus dem Wasser streckt (er ist mindestens so groß wie mein Kopf) und machen dann einen Zwischenstopp auf Sandfly Island. Zum Glück ist es noch zu warm, als dass die Insel ihrem Namen alle Ehre machen würde. Wir essen eine Kleinigkeit und spazieren noch ein bisschen über die Insel. An den Stämmen der Mangroven krabbeln ganz viele kleine Krabben im Gleichschritt nach oben. Ein skurriles Spektakel.

Auf dem weiteren Weg in Richtung Jewell Key wird die Umgebung schon langsam in Abendlicht getaucht und wir sehen nicht allzu weit von uns entfernt eine Gruppe Delfine. Kitschig, aber schön. Wir teilen uns die Insel mit einer anderen Gruppe, die mit eigenen Kanus und bester Ausstattung eine etwas größere Tour durch die Ten Thousand Islands macht. Nach dem durch tausende Sandfliegen erschwerten Zeltaufbau profitieren wir von der Säge und den Anzündhölzern der anderen Gruppe, brauchen aber durch den Wind trotzdem eine halbe Ewigkeit, um unser Feuer zu entfachen. Es gelingt uns erst, nachdem wir aus Korallen eine komplette Höhle um das Kleinholz gebaut haben. Wir grillen und sitzen entspannt am Feuer, sehen uns den unverdorbenen Sternenhimmel und Fischschwärme an, die mit großem Lärm im flachen Wasser springen und beobachten einen einsamen Waschbären – von der angekündigten Waschbären-Invasion keine Spur.

Wäsche trocknen

Lager

Teamwork

Korallen-Höhle

Am nächsten Morgen gehe ich direkt baden und sehe zwischen den ganzen Pelikanen, die sich unelegant ins Wasser schmeißen, wieder drei Delfine umherschwimmen. Ich versuche, zu ihnen zu schwimmen, aber sie haben weniger Interesse an mir als an den Fischen, die sich scheinbar von der Insel weg bewegen. Josie und ich beschließen, mit dem Kajak etwas näher hinzufahren und tatsächlich sehen wir sie so noch mal aus nächster Nähe. Einer von ihnen springt in etwa fünf Metern Entfernung aus dem Wasser, ein zweiter taucht unter unserem Boot durch.

Für den Rückweg zum Festland nehmen wir eine andere Route und halten noch mal auf der Jack Daniels Key, wo sich eine große Gruppe weißer Pelikane niedergelassen und offenbar das eine oder andere Fressfest veranstaltet hat, denn es riecht ziemlich streng nach altem Fisch. Dann begeben wir uns langsam aber sicher wieder in Richtung Everglade City und haben trotz fehlender Gezeiten-App (die uns von den Park Rangern empfohlen wurde, für die aber das Netz leider nicht gereicht hat) ziemliches Glück mit der Strömung. Trotzdem ist der Rückweg in der prallen Mittagssonne ordentlich anstrengend und wir alle verbrennen uns ein bisschen, selbst mit 50er Sonnencreme. Entsprechend fertig sind wir bei der Ankunft, fahren erst mal zu Joanie’s Blue Crab Cafe und besprechen beim Essen die weiteren Pläne. Colin und Max haben genug vom Camping und bezahlbare Unterkünfte an Floridas Westküste gibt es so spontan während der Spring Break nicht mehr, deshalb einigen wir uns darauf, noch mal einen kurzen Abstecher an den Strand von Naples zu machen und dann Abends für unseren letzten vollen Tag Richtung Miami bzw. Fort Lauderdale zurückzufahren.

Wenn meine Urzeitkrebse aus der Micky Maus damals nicht gestorben wären, würden sie heute vermutlich auch so aussehen.

Naples Beach. Bisschen wie Ostsee.

In Fort Lauderdale haben wir unsere bisher geräumigste Unterkunft und zum ersten Mal jeder ein eigenes Bett. Da ich von Miami an unseren ersten beiden Tagen genug gesehen habe, hab ich keinen Bedarf mehr, das etwas mehr als eine halbe Stunde nördlich gelegene Fort Lauderdale zu verlassen. Josie und ich lassen uns am wunderschönen Snyder Park rauswerfen, der mit seinen knorrigen Bäumen und Leguanen teilweise fast wie ein kleiner Dschungel anmutet, nur der Straßenlärm verrät leider zu jeder Zeit die Stadt. Max und Colin sind mit dem Auto nach Miami gefahren, Josie fährt nach einer Weile im Park auch mit den Öffentlichen Richtung Little Havana und ich bleibe in einem der Pavillons am See sitzen, lese und schreibe ein bisschen und schone meinen Sonnenbrand. Am Abend spaziere ich noch durch sehr gutbürgerliche Viertel, fühle mich ein bisschen wie in jedem dritten amerikanischen Film und am nächsten Morgen treten wir unsere 28-stündige Heimreise an.

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Kurzfilmdreh in North Carolina https://wanderlens.janisbrod.com/kurzfilmdreh-in-north-carolina/ Tue, 05 Mar 2019 16:18:45 +0000 http://wanderlens.janisbrod.com/?p=1516

Dieser Bericht behandelt einen Studentenaustausch, den unsere Uni (Filmuniversität Babelsberg) mit der UNCSA in Winston-Salem, North Carolina, organisiert hat. Unser Team und ein weiteres Team wurden ausgewählt und dürfen vor Ort mit der Hilfe der amerikanischen Studenten unsere Kurzfilme realisieren. Mit dabei sind: Max (Regie), Josie (Szenografie), Benny (Produktion) und Colin (Sound).

Wir landen am Abend in Charlotte, holen unser Mietauto ab und fahren eine gute Stunde weiter nach Winston-Salem. Unsere Unterkunft für die ersten Tage (bevor Colin nach seiner Klausur nachkommt) ist ein ranziges Zimmer mit zwei „Queen Size“ Betten in einem Motel irgendwo am Rand von Winston – umgeben nur von massiven Parkplätzen, Fast Food Restaurants und Supermärkten. Bei unserer Ankunft lässt sich die Tür nicht öffnen und das Schloss muss von einer Mitarbeiterin aufgeschraubt werden. Die Heizung funktioniert nicht, der Raum hat eine Küchenzeile ohne Töpfe oder Besteck und WLAN gibt es nur auf dem Parkplatz, weshalb Benny den restlichen Abend im Auto verbringt, um ganz schnell eine neue Unterkunft zu finden.

Am nächsten Morgen frühstücken wir auf Josies Nostalgie-Wunsch hin im IHOP (International House of Pancakes). Spaßeshalber gucken wir uns auf Google Maps auch mal an, wie lang man für die Strecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln brauchen würde: Anderthalb Stunden stehen da den 6 Minuten mit dem Auto gegenüber. Dass man hier ohne Auto komplett verloren ist, zeigt sich auch an den oft nicht vorhandenen Fußwegen und der insgesamt sehr lieblos gestalteten Infrastruktur abseits der Straßen. Dafür kann man fast alles erledigen, ohne sein Auto zu verlassen – es gibt neben den unzähligen Drive-Through-Restaurants auch Drive-Through-Banken und -Apotheken. Und wenn man für seinen Großeinkauf im Walmart dann doch mal parken muss, kann man zum Glück in einen elektrischen Rollstuhl umsteigen und durch die Gänge cruisen. God bless America!

IHOP-Frühstück

Am Nachmittag bekommen wir von den UNCSA-Studenten eine Führung durch ihren Campus. Ziemlich gut ausgestattet sind sie, zumindest was die Räumlichkeiten angeht, und es gibt sogar eine Campus-Polizei, die in bulligen Musclecars über das Gelände rollt. Irgendwohin müssen die Studiengebühren ja gehen, für die sich die Leute hier hoch verschulden. Mir wird wieder mal klar, was es für ein Privileg ist, in Deutschland zu studieren.

Die kommenden Wochen stehen ganz im Zeichen der Filmvorbereitung und obwohl wir hier nur ein sehr kleines Projekt mit zwei Drehtagen haben, beschäftigt uns die Organisation, das Location Scouting und Casting eigentlich 24-7. Dazwischen ziehen wir noch zwei mal in andere seltsame Unterkünfte um und besuchen immer mal wieder voller Sehnsucht das Traumhaus des anderen Teams.

Das Location Scouting stellt sich als ziemlich interessant heraus, insbesondere weil wir ein heruntergekommenes Haus in der Provinz suchen. Damit haben wir natürlich direkt eine besonders hohe Quote an schrulligen alten Leuten, die nichts mit anderen Menschen zu tun haben wollen. Es ist aber alles dabei – von der grimmigen Frau, die in ihrem Ohrensessel Nascar guckt und sich auf das Klingeln an ihrer Tür nur kurz zur Seite dreht und laut „NO!“ ruft; über eine alte Dame, die alleine in einem riesigen Bauernhaus wohnt und uns wie im Delirium mit einem seligen Lächeln immer wieder sagt, dass es doch just wonderful wäre, wenn wir bei ihr drehen würden; bis hin zu John, dem nettesten Menschen der Welt, bei dem wir letztendlich auch drehen und alles bekommen, was wir brauchen. Das andere Team dreht bei einer Familie, deren Grundstück durch ein Schild mit den Worten „Due to price increase on ammo, do not expect a warning shot“ abgesichert ist – angeblich aber super nette Leute. Überhaupt müssen wir hier lernen, dass man nicht dieselbe Weltanschauung haben muss, um liebevoll umsorgt zu werden – zumindest wir als weiße Westeuropäer und zumindest solange man keine politische Diskussion anzettelt. Die Leute stellen ihre Meinung auch insgesamt gerne in Form von Schildern in ihre Vorgärten. Besonders beliebt sind religiöse Sprüche („Rise up Lord! Let your enemies be scattered!“), „Trump/Pence“, aber auch „No matter where you are from, we’re glad you’re our neighbor“ (auf englisch, spanisch und arabisch). Hin und wieder sieht man eine Konföderierten-Flagge in einem Junkyard wehen, da klingeln wir dann lieber nicht.

Random zurückgelassenes Auto neben leer stehendem Haus

Klassische Südstaaten-Veranda. So eine will ich auch mal.

Storyboarding

Antike Malereien, unter der Tapete versteckt in unserer Innen-Location.

Die Traum-Location, die wir nicht bekommen haben…

Storyboarding

Neben der Location-Suche bin ich noch mächtig am Rudern mit der bereitgestellten Technik, da jeder etwas anderes behauptet, was wir bekommen und was nicht. Ich organisiere mir extern Objektive, die aber entgegen der ursprünglichen Aussagen nicht auf die Kamera der Uni passen, weshalb ich noch alle möglichen Verleihe recherchiere und abtelefoniere, bis dann einer der Studenten am Ende einfach den passenden Mount kauft (weil er ihn früher oder später eh gebraucht hätte) und mir für das Projekt vermietet. Kurz vor Dreh will uns die Hochschule auf einmal nicht mehr den Generator geben, der essentiell für unsere Innen-Location ist, mit der wir seit einer Woche planen, für die ich das Storyboard gemacht habe und Josie die Requisiten organisiert hat. Mit ein bisschen Betteln geht es nach einem Tag in Angst dann auf einmal doch. Auch das eine unserer beiden Filmautos springt kurzfristig ab, aber eine kleine Zettel-Verteil-Aktion von Benny und mir ist fruchtbar und bringt uns am Tag vor dem ersten Drehtag noch den rettenden Anruf. Insgesamt muss man doch sagen, dass alles irgendwie möglich ist und sich die Leute extrem hilfsbereit zeigen. Man stelle sich nur mal vor, wir paar kleine Filmstudenten ohne Geld würden im Brandenburger Hinterland einfach an fremden Türen klingeln und fragen, ob wir hier in ein paar Tagen mit 30-40 Leuten aufschlagen und einen Kurzfilm drehen dürften – sehr schwer vorstellbar, dass wir da einfach den Hausschlüssel überreicht bekommen würden, weil der Eigentümer über das Wochenende eh nicht zu Hause ist. Oder einen Autoschlüssel mit dem Hinweis, dass wir nicht auftanken müssen, weil wir ja Studenten sind…

Zwischen all dem Vorbereitungsstress gibt es einen Abend, an dem wir mal mit den UNCSA-Studenten was trinken gehen – erst in eine unglaublich geleckte Bar mit gewollt hippem Interieur und danach zu einer Hausparty, die direkt aus einer College-Komödie von 2002 entsprungen sein könnte. Wir sind eigentlich nicht eingeladen, werden aber von unseren Austauschstudenten mitgeschleppt mit dem Hinweis, dass sie eigentlich auch nichts mit denen zu tun haben, weil sie von einer anderen Fakultät seien. Mit uns zusammen kommt eine Gruppe leicht bekleideter 17-jähriger Mädels an – natürlich mit dem Auto. Na hoffentlich bleibt das am Ende des Abends dort stehen… Wir heben merkbar den Altersdurchschnitt auf der Party und fühlen uns auch sonst mächtig fehl am Platz zwischen der Kissing Booth, dem Beer Pong Tisch und dem Keller-Dancefloor, auf dem bei Schwarzlicht Chartmusik gepumpt wird. Während unserer zweiten Runde Chandelier (so was ähnliches wie Beer Pong) bekommt die Gastgeberin Wind davon, dass ungeladene Gäste auf ihrer Party sind und ist nicht amüsiert. Sam und Patricio, unsere beiden Produktionshelfer und engsten Kontakte während der gesamten Vorbereitungsphase, raten uns an, schnell noch jeden einzelnen der klassischen Red Cups auszutrinken, da werden wir auch schon hochkant mit den Worten „Get out of my house RIGHT NOW!“ rausgeschmissen. Stattdessen lassen wir den Abend dann eben bei einem anderen Kommilitonen zu Hause ausklingen.

Der Dreh selbst läuft nach all den Steinen, die uns vorher in den Weg gelegt wurden, dann ziemlich reibungslos und macht Spaß. Auch wenn ich eine hochgradig unmotivierte erste Kameraassistentin habe, werden alle weiteren Aufgaben durch die vielen helfenden Hände immer schnell erledigt. Allein im Licht-Team sind am ersten Tag sieben Leute, die blitzschnell Kabel verlegen, Lampen bewegen und am Ende alles wieder im Truck verstauen. Wir drehen nach amerikanischem System – großes Team und klar voneinander getrennte Departments. Wenn ein Monitor bewegt werden muss, kann das kein Beleuchter machen, sondern man muss auf jemanden aus dem Kamera-Department warten. Etwas absurd manchmal, aber funktioniert größtenteils ganz gut.

(Setfotos von Benjamin Herkert)

Nach dem Dreh-Wochenende können wir uns endlich mal einigermaßen entspannen und bei strahlendem Sonnenschein und Frühlings-Temperaturen die Requisiten zurückbringen und Kabel vom Schlamm des regnerischen ersten Drehtags befreien. Wir gucken uns noch ein paar Dinge in Winston-Salem an, machen einen Ausflug auf einen Tafelberg, auf dem es aussieht wie im Elbsandsteingebirge, verbringen den letzten Abend in einer witzigen Bar mit haufenweise alten Spielautomaten und verschwinden dann noch mal eine Woche nach Florida, bevor es wieder ins kalte Berlin geht.

Pilot Mountain

Klassenfahrt

Winston-Salem: Home of the original Empire State Building!

Barcade

Ein Herz und eine Seele.

Ein paar Stills aus unserem Kurzfilm finden sich hier.

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Mindelo https://wanderlens.janisbrod.com/mindelo/ Sun, 02 Sep 2018 12:13:39 +0000 http://wanderlens.janisbrod.com/?p=1446 Bei meiner Ankunft am Flughafen von São Vicente habe ich keine Lust, 10€ für ein Taxi zu zahlen, also gehe ich zur Hauptstraße, um auf ein Aluguer zu warten. Stattdessen kommt ein Mann mit einem Pickup vorbei, der mich nach einigem Verhandeln auch für 2€ mitnimmt. Auf dem Weg nach Mindelo kommen wir an diversen Schiffswracks vorbei, sogar ein sowjetisches Schiff mit Hammer und Sichel ist dabei – sowieso ist das so ein Ding auf den Kapverden, überall liegen einfach Schiffswracks und keiner hat Bock, sie aufzuräumen. Ich lade meine Sachen beim Simabo Hostel ab und gehe eine Runde baden. Der Strand hat weißen, groben Sand und extrem türkises Wasser (ähnlich wie in der Blue Lagoon in Island, ich vermute dass auch hier irgendeine Wechselwirkung mit dem Sand damit zu tun hat) und man hat Blick auf Berge ringsherum und diverse Schiffe, die in der Bucht liegen und von denen man auch nicht genau sagen kann, ob sie schon Wracks sind oder noch intakt. Wenn man wie ich ein Freund der gepflegten Industrieromantik ist, hat das auf jeden Fall großen Charme.

Nach der Badesession finde ich durch Zufall mein bisher bestes und gleichzeitig günstigstes Mittagessen: ein kleiner Lebensmittelladen hat zwei Töpfe auf der Theke aufgestellt, aus der man sich für 2€ inkl. Getränk bedienen kann, es ist eine Art Bohneneintopf in dem einen und sehr zartes Fleisch mit frischem Spinat in dem anderen Topf. Leider sagt mir der Besitzer auf meine Nachfrage, dass er das nur jeden letzten Samstag im Monat macht. Am Nachmittag mache ich mich auf die Suche nach Sonnencreme (schwieriger als gedacht und am Ende zahle ich 17€) und laufe ein wenig durch die Stadt. Am frühen Abend gehe ich zu einem Thai zum Essen, höre dass am Nebentisch deutsch gesprochen wird und frage, ob ich mich dazugesellen kann. Wir sitzen eine Weile, reden und trinken Bier (die drei wohnen hier und arbeiten für eine Tourismus-Agentur), dann gehe ich erst mal wieder zurück ins Hostel, um mich später noch mal mit Gabriela Mendes zu treffen, einer Musikerin von hier, mit der ich im Vorfeld geschrieben und ausgemacht habe, dass sie meine dritte Protagonistin wird.

Gabriela holt mich mit ihrem Land Rover Defender vor dem Hostel ab und wir fahren zu einer kleinen Bar, um bisschen zu besprechen, was ich will. Sie ist eine knallharte Geschäftsfrau, managt hier auch ein Guesthouse und ist ab und zu Tour Guide, sie beklagt sich immer wieder, dass man sich hier in Arbeits-Angelegenheiten auf niemanden verlassen kann und sagt mir relativ klar, dass sie das mit dem Film hauptsächlich für die potentielle Publicity macht. Ich werde etwas unsicher, ob sie die Richtige für mich ist, aber jetzt würde ich so schnell auch bestimmt niemanden mehr sonst finden. Sie sagt mir außerdem, dass sie am kommenden Donnerstag ein Konzert hat, was meinen Plan bezüglich Santo Antão etwas aus der Bahn bringt, weil ich dort eigentlich Dienstag bis Samstag hin wollte. Aber gut, dann fahre ich eben Sonntag Nachmittag bis Donnerstag Nachmittag. Ich falle nach dem Gespräch todmüde ins Bett und schlafe zum ersten Mal seit ich auf den Kapverden bin länger als bis acht Uhr.

Der Plan ist, 15 Uhr die Fähre nach Santo Antão zu nehmen. Ich gehe also nach dem Ausschlafen und ein bisschen Schneiden noch mal baden und etwas essen, packe dann meine sieben Sachen und breche zum Terminal auf, aber die Fähre um 15 Uhr am Sonntag gibt es nicht mehr. Ich ärgere mich ziemlich, aber da kann man nix machen. Zurück zum Hostel, Zimmer wieder klären und dann den späten Nachmittag bis zum Abend mit Buch am Strand verbringen. Ich gehe recht früh ins Bett, denn am nächsten Tag stehe ich 6:30 auf, um noch was von dem Tag auf Santo Antão zu haben. In der Zwischenzeit schreibt mir Gabriela, dass ich bei ihrem Konzert weder Backstage noch auf der Bühne filmen darf und sie eigentlich nur für Interviews zur Verfügung steht… Überhaupt hat sie eigentlich nur am Freitag Nachmittag mal für zwei Stunden oder so Zeit, I am a very busy woman, bla bla bla. Ich habe langsam wirklich Angst, dass der Film mit ihr nichts werden kann und halte die Augen offen nach einem Plan B.

Am Stadtstrand von Mindelo

Für die nächsten dreieinhalb Tage verschwinde ich nach Santo Antão, ohne meinen Film-Kram, aber nicht ohne das Mendes-Problem im Hinterkopf. Leider haben meine Pläne B-D alle so kurzfristig keine Zeit und ich muss das Beste aus Gabriela machen. Am Abend meiner Rückkehr muss ich mir ein Ticket für ihr Konzert besorgen und feststellen, dass es ein Sitzkonzert ist. Das ist natürlich noch schwieriger zum Drehen, ich habe jedes Mal, wenn ich aufstehe, das Gefühl, dass ich Leuten den Blick versperre. Ich bekomme trotzdem irgendwie halbwegs okayes Material und gehe mit etwas Angst vor dem nächsten Tag ins Bett.

Den Vormittag verbringe ich mit Baden und durch die Stadt laufen. Beim Künstlermarkt quatscht mich ein Typ an, mit dem ich erst mal einen Grogue am Marktplatz um die Ecke trinken soll. Zuerst denke ich noch, er will mir tatsächlich etwas zeigen und erklären… Aber je mehr er redet, desto mehr beschleicht mich das Gefühl, dass er einfach nur ein Suffkopp ist, der sich gerne mal von Touristen einen Schnaps ausgeben lässt.

Am Nachmittag treffe ich mich dann endlich mit Gabriela, die natürlich wieder betont, dass sie nicht viel Zeit hat. Wir fahren auf einen Berg mit Blick auf die Stadt und danach zu ihr nach Hause, wo sie mir jeweils ein bisschen über ihre Musik erzählt. Aber eben leider nur das, ich bekomme nur Statements und habe keine Zeit oder Gelegenheit, sie bei irgendetwas mit der Kamera einfach nur zu beobachten. Das ist extrem ärgerlich und durch diesen inneren Stress treffe ich auch noch ein paar falsche Entscheidungen bei der Bildgestaltung. Allerdings ist sie persönlich etwas aufgetaut (auch weil ich ihr versprochen habe, 1-2 Veranstaltern in Deutschland ihre Musik zu zeigen) und ich überlege, ob ich sie vielleicht noch mal auf ihrer nächsten Europatour im Herbst in Leipzig treffen sollte. Den Abend verbringe ich damit, Material zu sichten und eine grobe Schnittstruktur anzulegen, um zu sehen, ob es einigermaßen funktioniert. Es ist nicht ganz so schlimm wie zunächst erwartet, aber Leipzig behalte ich trotzdem mal im Hinterkopf.

Am Samstag, meinem letzten Tag auf São Vicente, regnet es zum ersten Mal. Ich bin dadurch den Vormittag ein bisschen gefangen in der Unterkunft, am Nachmittag treffe ich mich mit Fabio und Camille, die ich eine Woche vorher beim thailändischen Essen kennengelernt habe, und wir fahren zusammen nach São Pedro zum Strand direkt hinter dem Flughafen. Die Stimmung dort ist super, es sieht alles ganz anders aus als im 10km entfernten Mindelo, das dann doch extrem europäisch geprägt ist. Die Wellen sind deutlich höher als am Stadtstrand, was großen Badespaß beschert. Wir sehen auch immer mal wieder eine große Schildkröte und einen kleinen Hai zwischen den Wellen – ich hätte die ja gar nicht erkannt, aber Camille hat ein Auge dafür, weil sie mehr oder weniger auf dem Meer aufgewachsen ist. Als dann langsam die Sonne untergeht, machen die Strandbars auf und es wird laut Musik gespielt, was allgemein für noch mehr Stimmung sorgt. Wir fangen an, Bier zu trinken und beschließen, hier zu bleiben. Dass das Bier so billig ist und es kein Restaurant im Ort gibt, ist etwas verhängnisvoll, aber es wird ein lustiger Abend. Irgendwann wird vor der Strandbar ein Laufsteg abgesteckt und es findet ein Catwalk von minderjährigen Mädels in knappen Bikinis statt – fühlt sich wahnsinnig falsch an und hat bisschen was von Little Miss Sunshine, nur ohne die Republikaner-Eltern, dafür mit pfeifenden Jungs. Später soll noch ein lokaler DJ mit gewissem Bekanntheitsgrad in einem witzigen kleinen Club direkt am Strand ein Set spielen, aber es gibt wohl keine Tickets mehr. Weil Fabio und Camille trotzdem noch bleiben wollen, ich aber noch packen und am nächsten Morgen 6:30 Uhr aufstehen muss, muss ich mir alleine ein Taxi zurück nehmen. Die Einheimischen sorgen sich aber bestens um mich, damit ich sicher nach Mindelo komme. Nach einer kurzen Nacht trete ich meine langwierige Heimreise an, mit Zwischenstopps in Praia, Boa Vista und Köln. Ciao, Cabo Verde! Ti logu!

Baywatch.

Beach Bar Vibes.

Modenschau.

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Santo Antão https://wanderlens.janisbrod.com/santo-antao/ Tue, 28 Aug 2018 22:16:49 +0000 http://wanderlens.janisbrod.com/?p=1407 Schon die Überfahrt nach Santo Antão ist ein großes Highlight, denn links und rechts von der Fähre kann man immer wieder fliegende Fische beobachten, die teilweise locker über 50 Meter durch die Luft gleiten und flattern. Wahnsinnig faszinierend. Ich mache mir gar nicht die Mühe, zu probieren, das fotografisch festzuhalten – die von der BBC können das eh besser, also schaut euch das einfach hier an (ganz so dramatisch läuft es neben der Fähre natürlich nicht ab).

Dort angekommen nehme ich ein Aluguer zu meinem Guesthouse, dem „Black Mamba“. Es ist außerordentlich schön hier – es sieht zwar alles ein bisschen so aus, als hätte es ein zwölfjähriges Mädchen eingerichtet, aber ich habe ein riesiges Fenster mit Meerblick, Holzboden und das geteilte Bad ist modern und schick mit warmem Wasser (das ist eine Premiere). Die Besitzerin Liana gibt mir einige Tipps bezüglich Wanderrouten und klärt mir ein Aluguer vom Nachbarort, denn es ist für Ortsfremde etwas unübersichtlich, wer von dort in welches Dorf fährt.

Ich fahre mit 19 weiteren Personen (neuer Rekord!) in einem Toyota Kleinbus über eine schmale Straße mit steilen Kurven ganz nach oben zu einem Krater namens Cova. Schon auf dem Weg offenbaren sich dramatische Ausblicke auf die Berge. Die Wanderung geht durch den Krater (der landwirtschaftlich genutzt wird) und dann ins Tal, der Ausblick ist gut, war aber vom Auto aus besser. Es ist ganz schön anstrengend, die ganze Zeit steil bergab zu gehen, besonders weil ich meine Wanderschuhe aus Platzgründen zu Hause gelassen habe. Eine Weile nachdem ich vom Wanderweg auf die Straße komme und es laut der Karte nur noch entlang der Straße weitergeht, wird mir der Weg etwas langweilig und ich ergreife die Gelegenheit, als mich ein Aluguer anhupt. Wieder am Meer angekommen gehe ich noch die Treppen hoch zu der Statue von irgendeinem heiligen Antonio, dann kurz zum Guesthouse und anschließend ein wenig am Meer entlang, mit dem Ziel, irgendwo zu baden (Liana hat mir irgendwas von einem „Natural Pool“ erzählt). Die Straße ist aber ein ganz schönes Stück über dem Meer und als ich an einer Stelle ankomme, wo ich so etwas wie einen natürlichen Pool unten erkenne, ist es mir unmöglich, runter zu kommen – ich versuche es, aber nach der Hälfte breche ich ab, weil ich sonst nur eine Gerölllawine verursachen und unsanft im Meer landen würde. Also lasse ich den Abend ruhig bei einer Pizza ausklingen und Liana erklärt mir für den kommenden Tag noch mal, wie ich zu dem Pool komme.

Cova-Krater mit Kaffee-Anbau

Weg nach unten

Ich finde am Morgen heraus, dass auch das Frühstück sehr gut ist – YES! Danach fahre ich nach Ribeira Grande, um das Tal der Ribeira da Torre hochzulaufen. Es ist wieder eine Straße. Ich werde gleich relativ am Anfang abgelenkt durch ein Schild mit der Aufschrift „Ribeirinha de Jorge“ (oder so ähnlich, es ist nicht auf der Karte, also kann ich es nicht mehr überprüfen). Verniedlichung klingt nach kleineren Wegen und kleinere Wege sind immer besser. In der Tat ist es sehr charmant, aber auch eine sehr kurze Runde – es geht durch ein Dorf, über Terrassen mit Bananenstauden und ich mache einen kleinen Stopp bei einer Gruppe von Kindern, die mit beachtlichem Taktgefühl diversen Schrott zu Schlaginstrumenten umfunktionieren. Ein sehr musikalisches Land eben, auf dem größten Geldschein ist z.B. auch die Sängerin Cesária Évora, deren Tod 2011 Grund für eine vom Präsidenten ausgerufene 48-stündige Staatstrauer war. Zurück auf dem Hauptweg wird mir relativ schnell wieder langweilig, ich stehe einfach nicht auf Wandern an befahrenen Straßen. Ich nehme also ein Aluguer bis ans letzte Ende der Straße, wo der Ausblick schon nicht zu verachten ist. Ich laufe noch ein wenig wahllos auf den umliegenden Wegen umher und wage dann einen Blick auf die Karte. Ich könnte jetzt einen gestrichelten Weg entlang gehen und wäre in sieben Kilometern wieder an einer Straße. Allerdings mit knapp 1000 Höhenmetern und da sagt mir mein Muskelkater von Vortag „nope“. Oh Mann, ich bin echt aus der Übung – aber steil bergab gehen ist auch anstrengend, zu meiner Verteidigung.

Ich nehme ein paar hundert Meter weiter unten in einem Dorf namens Xôxô ein Mittagessen zu mir und laufe ein Stück ins Tal, bis ich das erstbeste nach Aluguer aussehende Auto stoppe. Darin sitzt der persönliche Fahrer eines Franzosen, der hier Urlaub macht und er nimmt mich kostenlos mit, weil er ja eh bezahlt wird.

Junge Trommler.

Als nächstes geht es zu dem natürlichen Pool, inzwischen weiß ich ja besser, wo er ist. Tatsächlich sind es sogar drei oder vier und es ist wirklich sehr schön da (ich bin sowieso großer Fan von Lavagestein am Meer), allerdings jetzt am Nachmittag auch recht gut besucht, trotz Nebensaison. Es ist auch leider zum Teil etwas müllig und riecht nach Urin, aber der mittlere Pool ist sehr nett, um mal eine kurze Weile darin zu verbringen. Man muss nur immer den Überblick darüber behalten, wie nah man an die Außenwände kommt, denn da wimmelt es vor Seeigeln. Nach einer Weile steht mir eher der Sinn nach offenem Meer und ich gehe noch ein paar Meter um die Ecke zum Strand. Ein sehr schöner Strand, wenn auch nicht klassisch schön. Größtenteils steinig, aber im Wasser und einen kurzen Streifen davor ist dunkelbrauner Sand. Was ihn aber vor allem schön macht, ist der Wahnsinns-Blick auf die Berge entlang der Küste bis Ponta do Sol, die mehr und mehr im Dunst verschwinden. Die Wellen sind immer mal wieder recht hoch, ich liebe das ja. Ich merke, wie ich es schon nach anderthalb Tagen Abstinenz vermisst habe, mal wieder im Meer zu baden (wie soll das nur in Berlin werden?). Einige der Jungs hier machen eine Art Surfen ohne Brett – sie schwimmen kurz mit der Welle, um auf ihre Geschwindigkeit zu kommen und machen sich dann selbst zum Brett, indem sie die Arme anlegen und Körperspannung halten. Ich versuche das nachzumachen, werde aber ziemlich unsanft herumgewirbelt und in den Sand gedrückt, also überlasse ich diese Disziplin dann doch wieder den Profis.

Chillin‘

Wellen und Berge, was will man mehr?

Als ich dann wieder draußen sitze und meine regionalen Mini-Mangos verspeise, höre ich die Kinder der kapverdischen Großfamilie neben mir deutsch sprechen. Einer von ihnen heißt sogar Janis (oder wahrscheinlich Yannis, er sieht nämlich auch aus, als könnte einer seiner Elternteile griechisch sein). Ich frage sie, wo sie herkommen, und sie antworten Luxemburg. Ich habe das schon mal gelesen, dass Luxemburg aus irgendeinem Grund eine relativ große kapverdianische Community hat – vor allem gemessen an der Einwohnerzahl Luxemburgs und der Einwohnerzahl der Kapverden. Ansonsten sind sie aber nicht sehr gesprächig, weil schwer beschäftigt mit dem gegenseitigen Einbuddeln.

Mein dritter und letzter Tag auf der Insel ist mein persönliches Highlight, und zwar mit Abstand. Ich fahre auf Lianas Empfehlung hin nach Ponta do Sol und laufe von dort aus eine kleine Straße an der Küste entlang erst nach Fontainhas und dann weiter nach Corvo. Dieser Weg schafft es landschaftlich locker in meine Top-5 aller Zeiten. Links die Bergwand, rechts das Meer, meistens etwa 150 Meter unter mir. Bis Fontainhas ist der Weg noch eine befahrbare Straße, auf der mir in der Stunde aber vielleicht vier Autos begegnen. Dort angekommen (wunderschönes Bergdorf!) esse ich ein Kräuter-Omelette in der Bar Tchu, wo die wahnsinnig lieben Betreiberinnen sich trotz Sprachbarriere sehr große Mühe geben, mit mir zu kommunizieren. Es wird eine Mischung aus Kreol, Portugiesisch, Spanisch und Englisch, mit der wir uns dann irgendwie sehr langsam verständigen können. Nachdem ich dort wahrscheinlich eine gute Stunde gesessen habe, breche ich auf zum zweiten Streckenabschnitt nach Corvo.

Cesária Évora, der Stolz der Nation.

Der ehemalige Flughafen von Santo Antão. Jetzt kommt man nur noch mit dem Schiff hin.

So schön.

Fontainhas

Na hoffentlich hält das!

Ponta do Sol

Der Weg ist nun deutlich schmaler und geht ordentlich hoch und runter, am Wegesrand sind immer wieder Stationen der Passion Christi auf kleinen Schildern aufgezeichnet, offenbar ist das hier auch ein Pilgerweg. Am höchsten Punkt des Weges ist eine bizarre Felsformation zu sehen, danach geht es ins Tal, in dem das Dorf Corvo liegt. Liana hat mir noch den Tipp gegeben, man könne auf der Regenrinne, die aus den Bergen ins Dorf führt, noch ein Stück ins Tal gehen und das mache ich auch. Durch das feuchte Klima zwischen den Bergen kann hier allerhand angebaut werden, alles ist übersäht mit Bananenstauden, Salat, Papaya-Bäumen et cetera. Wenn ich mir jetzt noch vorstelle, dass nach ein paar Tagen kräftigem Regenfall im Spätherbst auch noch die Berge grün sind, muss das aussehen wie das Paradies. Ein bisschen tut es das aber jetzt auch schon.

Skurrile Formen.

Paradiesisches Tal

Der „Weg“

Papayas überall.

Wäre es nicht schon später Nachmittag und hätte ich keinen Muskelkater, könnte ich jetzt noch 11km weiter laufen zum nächsten Dorf mit Straßenanbindung, um zu hoffen, dass dort vielleicht ein Aluguer fährt. So muss ich aber den Weg wieder zurück gehen, den ich gekommen bin. Nicht so schlimm, er ist ja schön. Gegen frühen Abend, wenn sich die Wolkendecke wieder zuzieht, wird die Stimmung an der Küste von Santo Antão immer etwas bedrückend durch die düsteren Bergwände und das relativ unruhige Meer. Aber das ist vermutlich auch Jahreszeiten-abhängig.

Am nächsten Tag steige ich dann wieder auf die Fähre nach Mindelo, diesmal leider mit weniger fliegenden Fischen.

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Tarrafal und Ribeira da Prata https://wanderlens.janisbrod.com/tarrafal-und-ribeira-da-prata/ https://wanderlens.janisbrod.com/tarrafal-und-ribeira-da-prata/#comments Tue, 28 Aug 2018 22:12:03 +0000 http://wanderlens.janisbrod.com/?p=1405 Meine Fahrt nach Tarrafal beginnt auf dem „Busbahnhof“ in Praia – einer Straße, an der unzählige Toyota-Kleinbusse aufgereiht sind, an denen unterschiedliche Ziele auf der Insel Santiago geschrieben stehen. Ich werde von einem Mann zu einem Bus geführt und setze mich rein. Zum Glück habe ich meinen großen Rucksack bei Kelber gelassen, sonst hätte ich vermutlich zwei Plätze bezahlen müssen – einen Kofferraum gibt es nämlich nicht. Ich warte noch eine knappe Stunde, bis der Fahrer den Bus endlich komplett voll bekommen hat – 15 Menschen plus Gepäck in einem Auto von der Größe eines VW Bully. Vielleicht könnte man das System auch optimieren, indem eine Abfahrts-Reihenfolge festgelegt wird. So setzen sich die Leute nämlich einfach willkürlich in einen der 20-30 Busse nach Tarrafal und warten darauf, dass andere es ihnen gleich tun. Das kann natürlich dauern, wenn die Auswahl so groß ist.

Auf der ziemlich unbequemen (zum Glück nur anderthalbstündigen) Fahrt über die Insel ist zu sehen, was mir schon mehrere Leute berichtet haben, nämlich dass es in den letzten zwei Jahren kaum richtig geregnet hat. Alle hoffen darauf, dass es bald wieder anfängt und alles wieder etwas grüner wird. August bis Oktober ist nämlich „Regenzeit“, obwohl das nicht im tropischen Sinne zu verstehen ist. Es ist einfach die Zeit im Jahr, in der es überhaupt mal regnen kann.

Tarrafal ist pures Urlaubsflair. Der Strand ist wunderschön (Sand, ein paar Palmen, schwarzes Lavagestein und blick auf die Berge) und die Leute gut gelaunt. Nachdem ich ja nun die letzten Tage meine Komfort-Verhältnisse auf ein absolutes Minimum herunterschrauben musste, gönne ich mir hier mal wieder einen Tag Auszeit mit Baden im Meer, Sonne auf den Bauch scheinen lassen und gutem Essen. Am nächsten Tag treffe ich mich mit Patrick, meinem Guide (bzw. von mir als Fixer und Übersetzer umfunktioniert) für die nächsten beiden Tage. Dass Uhrzeiten hier einen anderen Stellenwert haben als bei uns, habe ich eh schon festgestellt. Bei Patrick, der immerhin Geld von mir bekommt, ist das auch nicht anders – aus dem ursprünglichen „between eight and ten, maximum ten o’clock“ wird letztendlich 10:45 – aber okay, gutes Licht müssen wir um die Zeit eh nicht mehr jagen.

Geschäftiges Treiben am Fischerboot

Ramontisch.

Der Plan ist, dass wir für meine Doku eine Protagonistin finden, die Sand aus dem Meer holt, um ihn zur Zementherstellung zu verkaufen, und diesen Knochenjob in Musik verarbeitet. Da diese ganze Sand-Geschichte illegal ist, bin ich noch nicht ganz überzeugt, dass es so einfach wird, da jemanden zu aufzuspüren. Die beiden Spots etwas außerhalb von Tarrafal, an denen Patrick meint, dass wir „for sure“ jemanden finden, sind komplett leer. Uns wird von den einen Leuten gesagt, dass sie das nur noch nachts machen, von den anderen, dass sie die Gezeiten abwarten und am Nachmittag das Meer wieder tiefer steht. Also fahren wir erst mal wieder zurück nach Tarrafal, was essen und ein paar Stunden Strandurlaub. Am Nachmittag fahren wir wieder mit einem Aluguer an die Küste, wo wir zuvor schon waren und warten darauf, dass vielleicht jemand ankommt. Ich fühle mich wie auf einer leicht frustrierenden Safari, wir sehen Affen, aber keine Sandräuberinnen. Kurz vor Sonnenuntergang fragt Patrick noch mal jemanden, der uns erklärt, dass es hier an diesem Strand wirklich nur noch nachts gemacht wird, allerdings weiter südlich, in Ribeira da Prata, die Frauen auch tagsüber Sand abbauen, wenn das Meer tief steht – dort gäbe es wohl kaum Kontrollen.

Weil für Patrick kein Bus mehr in seinen Heimatort fährt, teilen wir uns mein Zimmer und Bett für die Nacht. Dass er immer völlig selbstverständlich davon ausgeht, dass ich ihn mittags wie abends zum Essen einlade, finde ich etwas befremdlich – aber okay, er hat für mich auch seinen Tagespreis von 35€ auf 25€ gesenkt.

Am nächsten Tag will es Patrick schon wieder am näheren Strand probieren, aber da ist wieder niemand. Wir fahren also weiter nach Ribeira da Prata, reden dort mit einigen Leuten, die meisten von ihnen holen aber keinen Sand mehr, weil fast keiner mehr da ist (erfolgreich die Natur leergefegt, herzlichen Glückwunsch!). Während wir da sitzen, kommen drei Frauen mit Eimern und Schaufeln an uns vorbei und wir hängen uns an sie ran. Ich fühle vor, ob es okay ist, zu filmen, wähle nach Gefühl eine von ihnen, Minguinha, als meine Protagonistin aus und lasse sie ein bisschen erzählen. Sie wirkt ziemlich frustriert über die Politik, weil sie sich natürlich nicht ausgesucht hat, Sand aus dem Meer zu klauen, aber sonst gar keine Arbeit hat und eine Familie ernähren muss. Ich gehe mit ihr ins Wasser und filme eine Weile mit. Es sind erschwerte Bedingungen, weil unter Wasser willkürlich große Steine verteilt sind und man von den Wellen (die zum Glück gerade nicht hoch sind) hin und her geschubst wird. Wenn ich jetzt noch eine große Plastikwanne mit nassem Sand auf dem Kopf balancieren müsste, wäre ich verloren. Aber genau das machen diese Frauen hier fast jeden Tag. Früher war das mal ein Sandstrand, davon ist nichts mehr zu sehen.

Nach getaner Arbeit gehen wir mit den Frauen ins Dorf, dort versprechen sie uns, dass sie am späten Nachmittag ein paar Leute für eine Batuku-Session zusammentrommeln. Batuku ist eine traditionelle Musikrichtung der Kapverden, in denen die Menschen alltägliche Themen und Probleme verarbeiten. Patrick und ich gehen etwas essen, ich sehe mir das Material vom Vormittag an, dann kaufe ich als Dankeschön für Minguinhas Familie ein bisschen was ein und wir kommen zurück. Sie freut sich über die Aufmerksamkeit und wir filmen im Hof vor ihrem Haus bei bester Abendsonne ein Lied über die Arbeit mit dem Sand. Ich bedanke mich noch mal herzlich, schreibe mir einen Facebook-Kontakt von einer ihrer Freundinnen auf, um ihr irgendwann den fertigen Film zeigen zu können und dann geht es fix und fertig mit einem stockbesoffenen und deutlich zu schnellen Aluguer-Fahrer zurück nach Tarrafal, wo ich den Abend so entspannt wie möglich ausklingen lasse. Den nächsten Morgen genieße ich noch im maritimen Flair des Nordens, bevor ich mich wieder nach Praia verabschieden muss, um Kelber beim Dreh seines Musikvideos dokumentarisch zu begleiten.

Auf der Fahrt gibt es noch einen kleinen Zwischenfall, den ich nicht ganz verstehe. Kurz nachdem wir Tarrafal verlassen, hält der Bus neben einem anderen Bus, Leute steigen aus, andere Leute steigen ein und es kommt zu einer sehr hitzigen Diskussion um Sitzplätze, die gefühlt fast in einer Massenschlägerei endet. Es wird erst wieder ruhiger, als ein Polizist vorbeikommt und kurz seinen Schlagstock präsentiert.

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Hip Hop und Homestay in Praia https://wanderlens.janisbrod.com/hip-hop-und-homestay-in-praia/ Sun, 26 Aug 2018 22:34:44 +0000 http://wanderlens.janisbrod.com/?p=1365 Ich habe im Vorfeld mit Kelber Monteiro auf Facebook geschrieben, welcher laut eigener Aussage der Produzent einiger junger Rapper in Praia ist und auch deren Musikvideos dreht. Ein wertvoller Kontakt, da ich hier mit dem Ziel bin, verschiedene Musiker dokumentarisch zu begleiten. Er freut sich sehr auf meine Ankunft, weil ich ihm dann Tipps für seine Videos geben kann – ich auf der anderen Seite freue mich sehr, dass ich bei ihm unterkommen und er mich an potentielle Protagonisten vermitteln kann. Eine Win-Win-Situation.

Kelber und Odair (sein bester Freund und einer der von ihm produzierten Rapper) holen mich am Flughafen ab und wir fahren mit dem Taxi zu ihm nach Hause. Hier wohnt seine ganze Familie inklusive Frau und Kind. Überall riecht es ein wenig nach Urin und Schimmel, im Bad gibt es kein fließend Wasser oder Licht und die Katze spielt mit toten Kakerlaken. Die Familie freut sich aber wahnsinnig, mich aufzunehmen – von der Distanziertheit, die ich bei den Einheimischen auf Boa Vista gespürt hab, fehlt hier jede Spur (vermutlich hat dort einfach der Massentourismus in Club-Hotels die Einheimischen und die Gäste gespalten). Kelbers Beschreibung „it’s a humble house but an open heart“ trifft es recht gut. Nachdem ich meine Rucksäcke abgestellt habe, gehen wir nebenan in Kelbers Studio, welches er sich gerade aufbaut. Er hat sich mit Lampenfassungen, Pappe und Alufolie Filmlampen gebastelt und überlegt gerade noch, wie er am besten die Hintergründe und die Musikaufnahmen löst. Ich gebe ihm ein paar Tipps fürs Licht, dann drehen wir noch eine Runde durch die Nachbarschaft, wo er alle möglichen Verwandten trifft, die mich herzlichst begrüßen.

Zurück zu Hause bekomme ich Fisch mit Gemüse und Reis. Der Fisch sieht nicht so wahnsinnig frisch aus und ich bin eh nicht der größte Fisch-Fan, deshalb nehme ich nur ein kleines Anstands-Stück und konzentriere mich ansonsten eher auf Gemüse und Reis. Danach „dusche“ ich im dunklen Bad mit ein paar bechern kaltem Wasser und einer Kernseife, sehe noch ein bisschen fern und leg mich dann ins Bett. Kelber hat extra sein Zimmer für mich geräumt und schläft in seinem „Studio“, aber Protest meinerseits ist natürlich zwecklos.

Odair bei der Studio-Besichtigung

Kelbers Tochter Laisa

Kirchen-Vorbereitungen

Spätestens am nächsten Tag, als Kelber seinen Computer halb auseinander nimmt, um mir ein paar seiner Musikvideos zu zeigen, merke ich, dass eigentlich er mein Protagonist werden muss. Er ist zwar selbst kein Musiker, steckt aber sein ganzes Herzblut in die Musik- und Videoproduktion für seine Freunde. Außerdem bin ich jetzt sowieso schon so nah an ihm dran, wie ich wahrscheinlich so schnell an keinen der Rapper kommen würde.

Kelber kocht Mittagessen (das gleiche wie am Vortag, nur mit Huhn statt Fisch), weil seine Mutter noch mit dem Rest der Familie in der Kirche ist. Am Nachmittag kommen ein paar Musiker in sein Studio und er hat einen kleinen Vortrag vorbereitet, warum sie ihn als Produzenten brauchen und was die nächsten Schritte sein werden (zumindest ist das das, was ich raushöre). Wir klären noch die nächsten beiden Tage, damit ich alles an Aufnahmen bekomme, was ich brauche, dann gibt es Abendessen (das Mittagessen wurde mit Kochbanane aufgewertet, ansonsten alles wie gehabt) und ich gehe ins Bett. Inzwischen fühle ich mich schon ein bisschen wohler als am Vortag – man muss einfach über manche Dinge wegsehen bzw. nicht so genau drüber nachdenken (zum Beispiel dass derselbe Eimer zum Klo spülen, Abwaschen und Kochen verwendet wird). Mein Magen hat sich bisher auch nicht beschwert.

The Neighborhood

Am nächsten Tag baut Kelber mit seinem Bruder Dämmplatten in sein Studio und ich gehe eine Runde durch die Stadt. So schön es ist, wie ich von der Familie umsorgt werde, ich bin trotzdem froh, mal alleine rauszukommen. Es wurde mir schon ein bisschen zu viel, als Kelber mir mithilfe des Google Übersetzers erklärt hat, dass Gott mich zu ihm gesendet hat (wie gesagt, alle sehr katholisch hier). Ich laufe von Palmarejo erst mal in Richtung Meer, aber da ist vollkommen tote Hose. Dann gehe ich parallel zum Ufer ein paar kleine Straßen entlang Richtung Zentrum und stoße auf einen Basar, wo es zum ersten mal etwas interessanter wird. Ich kaufe mir ein rosa 90er Jahre Nike-Cap, weil mein altes mir auf Boa Vista davongeflogen ist. Danach drehe ich noch ein paar Runden durch den Markt, suche mir ein Restaurant, wo ich Catchupa esse und setze mich anschließend eine Weile auf eine Parkbank und höre Musik. Insgesamt muss man sagen, dass für das Zentrum einer Hauptstadt ganz schön wenig los ist. Aber es ist auch Sonntag Mittag.

Mit dem Bus geht es zurück nach Hause, wo die Kinder gerade Autos aus Pappe basteln. Es wird sich sofort wieder bestens um mich gesorgt, ich dusche und schreibe ein wenig. Dann ruft mich Patrick an, ein Guide, den ich über ein Couchsurfing-Mitglied empfohlen bekommen habe, und ich treffe mich spontan mit ihm, um die nächste Episode mit ihm abzusprechen. Ich erkläre ihm, dass ich die sogenannten Sandräuberinnen dokumentieren möchte, aber einen Musikbezug brauche und deshalb eine Frau finden möchte, die dort am Strand schuftet und das in Musik verarbeitet. Patrick ermutigt mich, dass wir in Tarrafal im Norden von Santiago bestimmt jemanden finden werden.

Ich komme zurück, bekomme etwas zu Essen (bisschen anders diesmal, mit Bohnen und Fisch) und breche dann mit Kelber auf, um eine Freestyle-Session auf der Straße zu filmen – endlich mal ein bisschen Nachtleben schnuppern. Wir kommen an einen Spot mit gutem Licht, aber von den Leuten, die zugesagt hatten, kommen nur zwei. Ich filme ein wenig, einer der beiden (JP nennt er sich) bricht auf, wir warten auf neue Leute und bekommen stattdessen einen Anruf von JP, dass an einer anderen Stelle eine große Freestyle-Session ist. Also hin da. Es ist eine riesige Ansammlung von Leuten neben einem Basketballplatz und die Stimmung ist am Explodieren. Das Licht ist zwar nicht so gut wie an dem anderen Platz, aber ich werde kurz in den Kreis geworfen und bin mitten drin. Leider ist nach 5 Minuten schon wieder Schluss, die Jungs und Mädels sind nämlich schon seit drei Stunden hier. JP vermittelt allerdings, dass sie sich nächste Woche schon Freitag statt Sonntag treffen können, am Abend vor meinem Abflug nach São Vicente also.

Am Montag kaufe ich zur Abwechslung mal ein und koche, um der Familie wenigstens ein bisschen was zurückzugeben. Ich mache etwas Ähnliches zu dem, was es hier eh immer gibt, damit die Umstellung nicht zu groß wird. Kelbers Mutter wirkt skeptisch, aber ich übergebe ihr bei den letzten Schritten das Ruder und das stimmt sie positiv. Am Nachmittag sollte eigentlich ein Musikvideo gedreht werden, aber ich weiß nicht, ob es an Kelbers mangelnder Absprache oder an der Unzuverlässigkeit der Anderen liegt (vermutlich ein bisschen von Beidem), dass niemand auftaucht… Bei einem Anruf, den ich initiiere, kommt raus, dass Odair noch bis zum späten Nachmittag arbeiten muss und sich danach noch mal meldet. Ich drehe zur Überbrückung erst mal, wie Kelber seine Lampen und den Greenscreen im Studio einrichtet und hoffe auf den Anruf von Odair, dass er die anderen gleich zusammentrommelt und vorbeikommt. Natürlich wird daraus aber nichts und Kelber vertröstet mich auf Freitag, wenn ich aus Tarrafal zurückkomme. Ich packe am nächsten Morgen also meine sieben Sachen und verschwinde erst mal für drei Tage aus der Stadt.

Am Freitag komme ich für einen Nachmittag und eine Nacht zurück, dokumentiere Kelber beim Dreh seines Musikvideos und wir gehen noch mal zu einer Freestyle-Session. Es ist diesmal nicht ganz so gute Stimmung, weil weniger Leute da sind, aber die Location ist nicht schlecht. Leider ist Kelber etwas krank und sein Kamera-Akku ist leer, deshalb bekomme ich kein brauchbares Material von ihm an diesem Abend, ich werde es also irgendwie mit dem anderen Tag verschneiden müssen… Wird spannend. Am Morgen nach einer wenig erholsamen Nacht mit Bettwanzen geht es ab zum Flughafen und nach São Vicente.

Rua Livri Crew

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Ankunft auf den Kapverden – Boa Vista https://wanderlens.janisbrod.com/boa-vista/ Wed, 22 Aug 2018 10:23:41 +0000 http://wanderlens.janisbrod.com/?p=1331 Wenn man von Deutschland auf die Kapverden fliegt, gehen die günstigsten Flüge, und zwar mit relativ großem Abstand, nach Boa Vista – eine Insel, die außer Strand-Resorts auf den ersten Blick wirklich nicht viel zu bieten hat. Ich stelle kurz nach meiner recht spontanen Flugbuchung fest, dass meine naive Vorstellung, man könne einfach jederzeit eine Fähre von Insel zu Insel nehmen, überhaupt nicht zutrifft. Von Boa Vista beispielsweise gibt es aktuell gar keine Fähren und über die Mitfahrt auf Frachtschiffen findet man auch keine Erfahrungsberichte. Da mein Portugiesisch auch wirklich rudimentär ist und mir mehrere Einheimische, mit denen ich vorher auf Facebook und Couchsurfing schreibe, bestätigen, dass es eigentlich keine andere Möglichkeit gibt, buche ich für vier Tage später den ersten verfügbaren Flug nach Santiago Island. Aber nun erst mal zu meinen ersten Tagen auf Boa Vista…

Schon am Check-in-Schalter in Köln wird mir mehr und mehr klar, dass ich hier eher eine Rarität bin – zum Beispiel bin ich der Einzige, der einen Rucksack als Aufgabegepäck abgibt. Im Flugzeug werden von Menschen in Poloshirts fleißig Uhren, Parfums und Zigaretten gekauft (ich fühle mich ein bisschen wie in den Neunzigern) und am Ziel angekommen bin ich einer von fünf oder sechs Personen, die nicht in den großen blauen Tui-Bus einsteigen, um zur Hotelanlage gefahren zu werden. Der Flughafen von Boa Vista ist so ziemlich der charmanteste Flughafen, den ich kenne. Alles ist offen, nur einige Teile überdacht, viel Holz und Naturstein. Ich komme bei meinem ebenfalls recht charmanten Guesthouse in der Stadt Sal Rei an und gehe gleich mal zum kleinen Strand direkt nebenan, an dem die Hölle los ist. Locker zweihundert Leute, größtenteils Jugendliche, sind am Baden, Fußball und Frisbee spielen, tanzen und trinken. in einem Pavillon ist eine Anlage aufgebaut, aus der laute Musik schallt. Es ist leider nicht ganz so einfach, mit den Locals Kontakt aufzunehmen, besonders wenn man nicht wirklich Portugiesisch spricht. Ich verbringe trotzdem den restlichen Abend hier, esse noch etwas und gehe früh ins Bett.

Dem Boiz.

Sunny boy.

Fünf Uhr morgens wache ich kurz auf, weil ich einen Chor auf der Straße höre. Gegenüber von meinem Guesthouse ist eine kleine Kapelle, wo offenbar ein Gottesdienst stattfindet. Es wirkt, als wären die Kapverdianer allgemein sehr musikalisch, zumindest hat der Gesang nichts von dem heillosen Durcheinander, das man in deutschen Kirchen so hört. Ich schlafe noch ein bisschen und treffe mich dann mit Anita, einer Schweizerin, die vor fünf Jahren hier hergezogen ist und mit der ich im Vorfeld über eine Facebook-Gruppe schon ein bisschen geschrieben habe. Sie zeigt und erklärt mir ein paar Dinge. Unter anderem erzählt sie mir von einem großen Fest in ihrem Dorf, das am nächsten Tag anlässlich von Mariä Himmelfahrt stattfindet (die Kapverdianer sind zum Großteil sehr katholisch). Außerdem nimmt sie mich zusammen mit ein paar Tui-Touristen mit zum Tierheim, um Spenden abzugeben. Sie ist nämlich, wie die meisten hier, in der Tourismusbranche. Den restlichen Tag verbringe ich dann mit einem Strandspaziergang, Baden und Leute beobachten. Was relativ schnell auffällt, ist, dass die kleinen Lebensmittelgeschäfte hier alle von Chinesen geführt werden. China hat laut Anita vor vielen Jahren mal einen Deal mit den Kapverden ausgemacht, dass sie sie beim Hafen- und Straßenbau finanziell unterstützen und dafür Steuervergünstigungen beim Import und Handel von waren bekommen. Dadurch wurden die meisten einheimischen Einzelhändler in den Ruin getrieben, weil das Geschäft für chinesische Händler einfacher und rentabler ist.

Chillaxen.

Installation am Strand.

Beute.

So viele schöne Menschen.

Am Tag darauf ziehe ich von meinem Guesthouse zu meinem Couchsurfing-Host Ralf, ebenfalls einem deutschen Expat, der hier Touren anbietet. Nach einer kleinen Bade-Runde möchte ich mit dem Minibus von Sal Rei nach João Galego fahren (25km), um mir das katholische Fest mal anzusehen. Ich werde nach einem Drittel der Strecke in Rabil rausgeworfen und an einen Pickup vermittelt, der mich weiter bringt. Allerdings fährt dieser erst mal 45 Minuten wild hupend durch den Ort, um noch weitere Fahrgäste oder Transport-Waren für die Fahrt zu gewinnen, bevor es dann tatsächlich mal weiter geht. In João Galego angekommen ist bis auf bunte Fähnchen in den Straßen noch nicht viel zu sehen, der Ort ist aber wirklich schön. Ich setze mich auf einen Bordstein in den Schatten zu ein paar Einheimischen. Eine von ihnen spricht etwas spanisch, womit ich schon mal weiter komme als mit Portugiesisch. Sie klärt mich auf, dass es erst später losgeht. Als ich etwas später ein paar mehr Leute auf dem Dorfplatz vernehmen kann, gehe ich hin und es wird gerade ein öffentliches Essen aufgebaut. Ein älterer Herr sorgt sich sehr darum, dass ich auch etwas bekomme. Es gibt Cachupa, das kapverdische Nationalgericht. Nach einer Weile zwischen all den gut gelaunten Einheimischen, mit denen es mir wieder mal nicht allzu gut gelingt, Kontakt aufzubauen, muss ich auch schon wieder zurück in die Stadt, weil ich mir bei Ralf eine Schildkröten-Tour im Tausch gegen ein Video geklärt hab.

Mittagessen.

Karibisches Flair.

Wir holen mit dem Pickup bei den großen Bettenburgen die Gäste ab und fahren in der Nähe der ganz großen Bettenburg RIU Touareg im Süden der Insel an den Strand, an dem sich die Turtle Foundation niedergelassen hat. Wir haben Glück und müssen nicht allzu lange warten, bis sich eine Schildkröte ihren Platz zum Eier legen gesucht hat. Es ist eine sogenannte „Unechte Karettschildkröte“ (caretta caretta) und sie ist etwa 90cm lang. Wir beobachten sie mit rotem Licht (welches die Schildkröten nicht wahrnehmen) eine gute halbe Stunde dabei, wie sie schätzungsweise 50-60 Eier in ein Loch legt (fühlt sich irgendwie ein bisschen falsch an), daraufhin wird sie von Freiwilligen der Turtle Foundation gemessen und gechippt. Danach buddelt sie etwas unelegant das Loch wieder zu und schmeißt dabei ordentlich mit Sand um sich, bevor sie wieder ins Meer verschwindet. Schon faszinierend, das mal aus der Nähe zu sehen.

Am nächsten Tag mache ich mit Anita eine Südtour (wieder gegen Video), weil ich auf Boa Vista sonst eh nicht viel machen kann, außer Baden. So richtig spannend finde ich es ehrlich gesagt nicht, vor allem weil die Spots, die wir abklappern, gleichzeitig von fünfzehntausend anderen Touranbietern besucht werden und die Orte dementsprechend auch ihre Ausrichtung und ihr Preisniveau angepasst haben – authentisch ist anders, aber Boa Vista ist eben zusammen mit Sal auch der Touri-Hotspot der Kapverden. Der Strand Santa Monica, wo wir in einem netten kleinen offenen Restaurant Mittag essen, ist allerdings wirklich schön und ein bisschen verstehe ich beim Baden dort dann auch den Reiz eines Strandurlaubs. Das verstehen auch die chinesischen Investoren, die dort gerade eine gigantische Hotelanlage bauen, welche in 15 (in Worten: fünfzehn!) Jahren fertiggestellt werden soll. Nachdem wir die anderen wieder in ihren 5-Sterne-Clubs abgeliefert haben, zeigt mir Anita aber noch ein paar Ecken in der Stadt, wo wahrscheinlich sonst kaum Touristen einen Fuß hinsetzen.

Im Bild: schöne Höhle am Strand. Außerhalb des Bilds: 50 Menschen und unzählige Schmierereien an der Höhlenwand.

Ich bin am Freitag dann irgendwie schon recht froh, die Insel zu wechseln. Ich gehe noch mal lecker frühstücken im Boaventura Guesthouse, eine Runde schwimmen und schneide das Schildkröten-Video, dann breche ich langsam zum Flughafen auf, von wo aus ich mit einer Propellermaschine nach Praia fliege. Dort erwartet mich auf jeden Fall eine völlig andere Welt.

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