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Der erste Tag ist hauptsächlich dem Strand gewidmet. Wir baden am North Beach und am South Beach und tanken etwas Sonne nach den anstrengenden und regnerisch-kalten Wochen in North Carolina. Dazwischen laufen wir noch ein wenig durch das für seine Street Art bekannte Viertel Wynwood und abends den dekadenten Ocean Drive entlang, um uns mal das ganze Miami-Spektakel zu geben. Es ist ziemlich genau so, wie ich es mir vorgestellt habe: dreißig Grad, viele schönheitsoperierte Menschen in Lamborghinis, überteuerte Restaurants und Cafés, überall Palmen und der Sonnenuntergang ist violett-orange.
Josie und mir reicht der eine Tag Miami und wir fahren eine Stunde nach Süden zum Biscayne National Park, während Max und Colin in der Stadt bleiben. Auf dem Weg dorthin sind wir umgeben vom saftigsten Grün, das ich seit langer Zeit sehe. Wir hatten große Sorge, ob die Nationalparks überhaupt offen sind, weil der werte Herr Trump erst kürzlich den „nationalen Notstand“ ausgerufen hat, damit er endlich seine Mauer bekommt. Kurz davor, beim Government Shutdown mussten nämlich alle Beschäftigten der US-Nationalparks für über einen Monat in den unbezahlten Zwangsurlaub gehen. Zum Glück hat der nationale Notstand nicht solche Auswirkungen und wir können uns ein Kajak mieten, um durch die Mangrovenwälder zu paddeln.
Der Angestellte, der uns die Einweisung gibt, war auch sichtlich genervt von dem Regierungskindergarten rund um die Mauer und sagt, man könne nie wissen, wann der nächste Shutdown kommt. Außerdem erzählt er uns diverse Fun Facts rund um den Nationalpark, zum Beispiel dass das Kühlungssystem des anliegenden Atomkraftwerks die Krokodilpopulation verzehnfacht hat, weil sie sich in den Wasserkanälen besonders wohl fühlen. Das Kraftwerk ist sogar in den Ausmalbüchern für Kinder vertreten, weil es ein fester Bestandteil des hiesigen Ökosystems geworden ist. Paradox. Außerdem fragt Josie ihn noch, ob er meint, wir könnten uns auf dem Rückweg eine der wunderbar grünen Kokospalmen-Plantagen mal genauer ansehen, an denen wir vorbeigefahren sind – davon rät er uns ab: „People here are very protective over their land… and they do have guns.“
Auf unserer Paddeltour sehen wir Pelikane, Reiher, diverse andere Vögel, springende Fische und sogar den Umriss eines Manatees unter Wasser. Vor allem ist es aber wunderbar ruhig und landschaftlich sehr schön. Danach gibt es einen leckeren puertoricanischen Pilz-Burger und wir fahren auf dem Weg zurück in die Stadt durch extrem dekadente Villenviertel an Gated Communities vorbei, wo vor uns eine Stretch-Limo irgendwelche Celebrities zu irgendeiner exklusiven Poolparty fährt. Auch mal interessant zu sehen. Außerdem stehen hier massiv beeindruckende Bäume an den Straßen und es laufen einfach Pfauen durch die Wohngegend.
Am nächsten Tag machen wir uns auf den Weg in die Everglades. Vorher besorgen wir uns aber noch einen Haufen völlig überteuerter Gebäckstücke in einer kubanischen Bäckerei, wo niemand englisch redet, und setzen uns damit auf eine Kirchentreppe. Während wir untermalt von einer Salsa-Playlist auf Spotify Zimtschnecken und Empanadas schlemmen, beobachten wir fast eine Stunde lang einen Mann, der sich nebenan den platten Reifen an seinem Auto ratlos ansieht. Er ist allerdings laut eigener Aussage fest davon überzeugt, dass er ihn selbst wechseln kann. Die ganze Szenerie ist ziemlich witzig für uns, weil wir gerade eine Woche zuvor auf dem Austauschprojekt in North Carolina einen Kurzfilm gedreht haben, in dem der Protagonist unbedingt selbst den platten Reifen wechseln möchte, um seine Frau und vor allem sich selbst von seiner Männlichkeit zu überzeugen.
Nach klassisch-amerikanischer Manier ist im Nationalpark alles gut mit dem Auto zu erreichen und von dort aus auf perfekt ausgebauten Wegen in kleinen Spaziergängen zu erschließen. Wir wollten eigentlich auch gern noch mit dem Boot weiter in die Sümpfe (wo man sicherlich noch sehr viel mehr gesehen hätte), allerdings sind so kurzfristig keine Kanus mehr für individuelle Touren verfügbar und die geführte Tour ist unverschämt teuer. Wir könnten eine dieser Tourifallen-Rundfahrten mit einem Airboat machen, aber auf so einer lauten Höllenmaschine durch den Dschungel zu preschen, hat für mich wenig mit dem zu tun, was ich mir von einem Nationalpark erwarte. Es ist trotzdem sehr interessant, vor allem auf dem geschotterten „Loop Road“. Wir sehen neben Schildkröten und Reihern eine ganze Menge Alligatoren, teilweise sehr nah, und die Landschaften mit den im Wasser stehenden Bäumen sind beeindruckend. Mittags machen wir einen unvermittelt schönen Zwischenhalt auf einem Hinterhof mit einem Yard Sale und bestem Südstaaten-Charme. Maureen, eine etwa 60-jährige Frau, die sich offensichtlich eher wie 25 fühlt, empfängt uns herzlich und erklärt uns, das hier sei ein sogenanntes „Speakeasy“, eine Art illegale Bar. Ein paar Harley-Fahrer haben sich hier versammeln und speaken easy bei einem kühlen Bier im Pavillon. Ich genehmige mir auch einen „Twisted Tea“, der in der Nachmittagshitze direkt ansetzt und mir auf dem Hängesessel ein sofortiges Urlaubsgefühl vermittelt.
Wir schlagen Monument Lake Campground unsere Zelte auf und werden von der Campingplatz-Leiterin darauf hingewiesen, dass unser Platz genau auf der Route der Alligatoren zwischen dem See und dem Wald liegt. Wenn wir nachts aus dem Zelt gehen, sollen wir immer eine Taschenlampe anmachen und wenn wir zwei orangene Punkte sehen, sind das Alligator-Augen – dann sollen wir uns einfach groß und laut vor ihnen aufstellen, so könne uns eigentlich nichts passieren. Tatsächlich liegt direkt neben unserem Schlafplatz ein Alligator im See und schaut uns etwas vorwurfsvoll an, aber bleibt entspannt.
Es folgt mein persönliches Highlight: eine Paddeltour durch die Ten Thousand Islands mit Wildcamping auf Jewell Key. Wir müssen uns im Nationalpark-Informationscenter eine Camping-Genehmigung besorgen und die Sicherheitsvorkehrungen anhören. Wir werden gewarnt, dass auf Jewell Key eine Menge Waschbären wohnen und wir dringend aufpassen sollen, dass sie unser Essen und Wasser nicht anrühren. Die Waschbären scheinen nämlich ein echtes Problem zu sein, weil sie die Eier der Schildkröten essen und mit zusätzlicher Nahrung unsererseits würden wir ihnen helfen, sich weiter zu vermehren. Dann besorgen wir uns zwei ziemlich überteuerte und ziemlich schrottige Seekajaks, zu denen wir nicht mal einen einzigen Seesack bekommen, weshalb wir uns mit Plastiktüten behelfen. Gegen 13 Uhr brechen wir von Everglade City in den Golf von Mexiko auf.
Wir fahren etwa eine Stunde, sehen eine gigantische Schildkröte, die ihren Kopf aus dem Wasser streckt (er ist mindestens so groß wie mein Kopf) und machen dann einen Zwischenstopp auf Sandfly Island. Zum Glück ist es noch zu warm, als dass die Insel ihrem Namen alle Ehre machen würde. Wir essen eine Kleinigkeit und spazieren noch ein bisschen über die Insel. An den Stämmen der Mangroven krabbeln ganz viele kleine Krabben im Gleichschritt nach oben. Ein skurriles Spektakel.
Auf dem weiteren Weg in Richtung Jewell Key wird die Umgebung schon langsam in Abendlicht getaucht und wir sehen nicht allzu weit von uns entfernt eine Gruppe Delfine. Kitschig, aber schön. Wir teilen uns die Insel mit einer anderen Gruppe, die mit eigenen Kanus und bester Ausstattung eine etwas größere Tour durch die Ten Thousand Islands macht. Nach dem durch tausende Sandfliegen erschwerten Zeltaufbau profitieren wir von der Säge und den Anzündhölzern der anderen Gruppe, brauchen aber durch den Wind trotzdem eine halbe Ewigkeit, um unser Feuer zu entfachen. Es gelingt uns erst, nachdem wir aus Korallen eine komplette Höhle um das Kleinholz gebaut haben. Wir grillen und sitzen entspannt am Feuer, sehen uns den unverdorbenen Sternenhimmel und Fischschwärme an, die mit großem Lärm im flachen Wasser springen und beobachten einen einsamen Waschbären – von der angekündigten Waschbären-Invasion keine Spur.
Am nächsten Morgen gehe ich direkt baden und sehe zwischen den ganzen Pelikanen, die sich unelegant ins Wasser schmeißen, wieder drei Delfine umherschwimmen. Ich versuche, zu ihnen zu schwimmen, aber sie haben weniger Interesse an mir als an den Fischen, die sich scheinbar von der Insel weg bewegen. Josie und ich beschließen, mit dem Kajak etwas näher hinzufahren und tatsächlich sehen wir sie so noch mal aus nächster Nähe. Einer von ihnen springt in etwa fünf Metern Entfernung aus dem Wasser, ein zweiter taucht unter unserem Boot durch.
Für den Rückweg zum Festland nehmen wir eine andere Route und halten noch mal auf der Jack Daniels Key, wo sich eine große Gruppe weißer Pelikane niedergelassen und offenbar das eine oder andere Fressfest veranstaltet hat, denn es riecht ziemlich streng nach altem Fisch. Dann begeben wir uns langsam aber sicher wieder in Richtung Everglade City und haben trotz fehlender Gezeiten-App (die uns von den Park Rangern empfohlen wurde, für die aber das Netz leider nicht gereicht hat) ziemliches Glück mit der Strömung. Trotzdem ist der Rückweg in der prallen Mittagssonne ordentlich anstrengend und wir alle verbrennen uns ein bisschen, selbst mit 50er Sonnencreme. Entsprechend fertig sind wir bei der Ankunft, fahren erst mal zu Joanie’s Blue Crab Cafe und besprechen beim Essen die weiteren Pläne. Colin und Max haben genug vom Camping und bezahlbare Unterkünfte an Floridas Westküste gibt es so spontan während der Spring Break nicht mehr, deshalb einigen wir uns darauf, noch mal einen kurzen Abstecher an den Strand von Naples zu machen und dann Abends für unseren letzten vollen Tag Richtung Miami bzw. Fort Lauderdale zurückzufahren.
In Fort Lauderdale haben wir unsere bisher geräumigste Unterkunft und zum ersten Mal jeder ein eigenes Bett. Da ich von Miami an unseren ersten beiden Tagen genug gesehen habe, hab ich keinen Bedarf mehr, das etwas mehr als eine halbe Stunde nördlich gelegene Fort Lauderdale zu verlassen. Josie und ich lassen uns am wunderschönen Snyder Park rauswerfen, der mit seinen knorrigen Bäumen und Leguanen teilweise fast wie ein kleiner Dschungel anmutet, nur der Straßenlärm verrät leider zu jeder Zeit die Stadt. Max und Colin sind mit dem Auto nach Miami gefahren, Josie fährt nach einer Weile im Park auch mit den Öffentlichen Richtung Little Havana und ich bleibe in einem der Pavillons am See sitzen, lese und schreibe ein bisschen und schone meinen Sonnenbrand. Am Abend spaziere ich noch durch sehr gutbürgerliche Viertel, fühle mich ein bisschen wie in jedem dritten amerikanischen Film und am nächsten Morgen treten wir unsere 28-stündige Heimreise an.
]]>Nach der Badesession finde ich durch Zufall mein bisher bestes und gleichzeitig günstigstes Mittagessen: ein kleiner Lebensmittelladen hat zwei Töpfe auf der Theke aufgestellt, aus der man sich für 2€ inkl. Getränk bedienen kann, es ist eine Art Bohneneintopf in dem einen und sehr zartes Fleisch mit frischem Spinat in dem anderen Topf. Leider sagt mir der Besitzer auf meine Nachfrage, dass er das nur jeden letzten Samstag im Monat macht. Am Nachmittag mache ich mich auf die Suche nach Sonnencreme (schwieriger als gedacht und am Ende zahle ich 17€) und laufe ein wenig durch die Stadt. Am frühen Abend gehe ich zu einem Thai zum Essen, höre dass am Nebentisch deutsch gesprochen wird und frage, ob ich mich dazugesellen kann. Wir sitzen eine Weile, reden und trinken Bier (die drei wohnen hier und arbeiten für eine Tourismus-Agentur), dann gehe ich erst mal wieder zurück ins Hostel, um mich später noch mal mit Gabriela Mendes zu treffen, einer Musikerin von hier, mit der ich im Vorfeld geschrieben und ausgemacht habe, dass sie meine dritte Protagonistin wird.
Gabriela holt mich mit ihrem Land Rover Defender vor dem Hostel ab und wir fahren zu einer kleinen Bar, um bisschen zu besprechen, was ich will. Sie ist eine knallharte Geschäftsfrau, managt hier auch ein Guesthouse und ist ab und zu Tour Guide, sie beklagt sich immer wieder, dass man sich hier in Arbeits-Angelegenheiten auf niemanden verlassen kann und sagt mir relativ klar, dass sie das mit dem Film hauptsächlich für die potentielle Publicity macht. Ich werde etwas unsicher, ob sie die Richtige für mich ist, aber jetzt würde ich so schnell auch bestimmt niemanden mehr sonst finden. Sie sagt mir außerdem, dass sie am kommenden Donnerstag ein Konzert hat, was meinen Plan bezüglich Santo Antão etwas aus der Bahn bringt, weil ich dort eigentlich Dienstag bis Samstag hin wollte. Aber gut, dann fahre ich eben Sonntag Nachmittag bis Donnerstag Nachmittag. Ich falle nach dem Gespräch todmüde ins Bett und schlafe zum ersten Mal seit ich auf den Kapverden bin länger als bis acht Uhr.
Der Plan ist, 15 Uhr die Fähre nach Santo Antão zu nehmen. Ich gehe also nach dem Ausschlafen und ein bisschen Schneiden noch mal baden und etwas essen, packe dann meine sieben Sachen und breche zum Terminal auf, aber die Fähre um 15 Uhr am Sonntag gibt es nicht mehr. Ich ärgere mich ziemlich, aber da kann man nix machen. Zurück zum Hostel, Zimmer wieder klären und dann den späten Nachmittag bis zum Abend mit Buch am Strand verbringen. Ich gehe recht früh ins Bett, denn am nächsten Tag stehe ich 6:30 auf, um noch was von dem Tag auf Santo Antão zu haben. In der Zwischenzeit schreibt mir Gabriela, dass ich bei ihrem Konzert weder Backstage noch auf der Bühne filmen darf und sie eigentlich nur für Interviews zur Verfügung steht… Überhaupt hat sie eigentlich nur am Freitag Nachmittag mal für zwei Stunden oder so Zeit, I am a very busy woman, bla bla bla. Ich habe langsam wirklich Angst, dass der Film mit ihr nichts werden kann und halte die Augen offen nach einem Plan B.
Für die nächsten dreieinhalb Tage verschwinde ich nach Santo Antão, ohne meinen Film-Kram, aber nicht ohne das Mendes-Problem im Hinterkopf. Leider haben meine Pläne B-D alle so kurzfristig keine Zeit und ich muss das Beste aus Gabriela machen. Am Abend meiner Rückkehr muss ich mir ein Ticket für ihr Konzert besorgen und feststellen, dass es ein Sitzkonzert ist. Das ist natürlich noch schwieriger zum Drehen, ich habe jedes Mal, wenn ich aufstehe, das Gefühl, dass ich Leuten den Blick versperre. Ich bekomme trotzdem irgendwie halbwegs okayes Material und gehe mit etwas Angst vor dem nächsten Tag ins Bett.
Den Vormittag verbringe ich mit Baden und durch die Stadt laufen. Beim Künstlermarkt quatscht mich ein Typ an, mit dem ich erst mal einen Grogue am Marktplatz um die Ecke trinken soll. Zuerst denke ich noch, er will mir tatsächlich etwas zeigen und erklären… Aber je mehr er redet, desto mehr beschleicht mich das Gefühl, dass er einfach nur ein Suffkopp ist, der sich gerne mal von Touristen einen Schnaps ausgeben lässt.
Am Nachmittag treffe ich mich dann endlich mit Gabriela, die natürlich wieder betont, dass sie nicht viel Zeit hat. Wir fahren auf einen Berg mit Blick auf die Stadt und danach zu ihr nach Hause, wo sie mir jeweils ein bisschen über ihre Musik erzählt. Aber eben leider nur das, ich bekomme nur Statements und habe keine Zeit oder Gelegenheit, sie bei irgendetwas mit der Kamera einfach nur zu beobachten. Das ist extrem ärgerlich und durch diesen inneren Stress treffe ich auch noch ein paar falsche Entscheidungen bei der Bildgestaltung. Allerdings ist sie persönlich etwas aufgetaut (auch weil ich ihr versprochen habe, 1-2 Veranstaltern in Deutschland ihre Musik zu zeigen) und ich überlege, ob ich sie vielleicht noch mal auf ihrer nächsten Europatour im Herbst in Leipzig treffen sollte. Den Abend verbringe ich damit, Material zu sichten und eine grobe Schnittstruktur anzulegen, um zu sehen, ob es einigermaßen funktioniert. Es ist nicht ganz so schlimm wie zunächst erwartet, aber Leipzig behalte ich trotzdem mal im Hinterkopf.
Am Samstag, meinem letzten Tag auf São Vicente, regnet es zum ersten Mal. Ich bin dadurch den Vormittag ein bisschen gefangen in der Unterkunft, am Nachmittag treffe ich mich mit Fabio und Camille, die ich eine Woche vorher beim thailändischen Essen kennengelernt habe, und wir fahren zusammen nach São Pedro zum Strand direkt hinter dem Flughafen. Die Stimmung dort ist super, es sieht alles ganz anders aus als im 10km entfernten Mindelo, das dann doch extrem europäisch geprägt ist. Die Wellen sind deutlich höher als am Stadtstrand, was großen Badespaß beschert. Wir sehen auch immer mal wieder eine große Schildkröte und einen kleinen Hai zwischen den Wellen – ich hätte die ja gar nicht erkannt, aber Camille hat ein Auge dafür, weil sie mehr oder weniger auf dem Meer aufgewachsen ist. Als dann langsam die Sonne untergeht, machen die Strandbars auf und es wird laut Musik gespielt, was allgemein für noch mehr Stimmung sorgt. Wir fangen an, Bier zu trinken und beschließen, hier zu bleiben. Dass das Bier so billig ist und es kein Restaurant im Ort gibt, ist etwas verhängnisvoll, aber es wird ein lustiger Abend. Irgendwann wird vor der Strandbar ein Laufsteg abgesteckt und es findet ein Catwalk von minderjährigen Mädels in knappen Bikinis statt – fühlt sich wahnsinnig falsch an und hat bisschen was von Little Miss Sunshine, nur ohne die Republikaner-Eltern, dafür mit pfeifenden Jungs. Später soll noch ein lokaler DJ mit gewissem Bekanntheitsgrad in einem witzigen kleinen Club direkt am Strand ein Set spielen, aber es gibt wohl keine Tickets mehr. Weil Fabio und Camille trotzdem noch bleiben wollen, ich aber noch packen und am nächsten Morgen 6:30 Uhr aufstehen muss, muss ich mir alleine ein Taxi zurück nehmen. Die Einheimischen sorgen sich aber bestens um mich, damit ich sicher nach Mindelo komme. Nach einer kurzen Nacht trete ich meine langwierige Heimreise an, mit Zwischenstopps in Praia, Boa Vista und Köln. Ciao, Cabo Verde! Ti logu!
]]>Dort angekommen nehme ich ein Aluguer zu meinem Guesthouse, dem „Black Mamba“. Es ist außerordentlich schön hier – es sieht zwar alles ein bisschen so aus, als hätte es ein zwölfjähriges Mädchen eingerichtet, aber ich habe ein riesiges Fenster mit Meerblick, Holzboden und das geteilte Bad ist modern und schick mit warmem Wasser (das ist eine Premiere). Die Besitzerin Liana gibt mir einige Tipps bezüglich Wanderrouten und klärt mir ein Aluguer vom Nachbarort, denn es ist für Ortsfremde etwas unübersichtlich, wer von dort in welches Dorf fährt.
Ich fahre mit 19 weiteren Personen (neuer Rekord!) in einem Toyota Kleinbus über eine schmale Straße mit steilen Kurven ganz nach oben zu einem Krater namens Cova. Schon auf dem Weg offenbaren sich dramatische Ausblicke auf die Berge. Die Wanderung geht durch den Krater (der landwirtschaftlich genutzt wird) und dann ins Tal, der Ausblick ist gut, war aber vom Auto aus besser. Es ist ganz schön anstrengend, die ganze Zeit steil bergab zu gehen, besonders weil ich meine Wanderschuhe aus Platzgründen zu Hause gelassen habe. Eine Weile nachdem ich vom Wanderweg auf die Straße komme und es laut der Karte nur noch entlang der Straße weitergeht, wird mir der Weg etwas langweilig und ich ergreife die Gelegenheit, als mich ein Aluguer anhupt. Wieder am Meer angekommen gehe ich noch die Treppen hoch zu der Statue von irgendeinem heiligen Antonio, dann kurz zum Guesthouse und anschließend ein wenig am Meer entlang, mit dem Ziel, irgendwo zu baden (Liana hat mir irgendwas von einem „Natural Pool“ erzählt). Die Straße ist aber ein ganz schönes Stück über dem Meer und als ich an einer Stelle ankomme, wo ich so etwas wie einen natürlichen Pool unten erkenne, ist es mir unmöglich, runter zu kommen – ich versuche es, aber nach der Hälfte breche ich ab, weil ich sonst nur eine Gerölllawine verursachen und unsanft im Meer landen würde. Also lasse ich den Abend ruhig bei einer Pizza ausklingen und Liana erklärt mir für den kommenden Tag noch mal, wie ich zu dem Pool komme.
Ich finde am Morgen heraus, dass auch das Frühstück sehr gut ist – YES! Danach fahre ich nach Ribeira Grande, um das Tal der Ribeira da Torre hochzulaufen. Es ist wieder eine Straße. Ich werde gleich relativ am Anfang abgelenkt durch ein Schild mit der Aufschrift „Ribeirinha de Jorge“ (oder so ähnlich, es ist nicht auf der Karte, also kann ich es nicht mehr überprüfen). Verniedlichung klingt nach kleineren Wegen und kleinere Wege sind immer besser. In der Tat ist es sehr charmant, aber auch eine sehr kurze Runde – es geht durch ein Dorf, über Terrassen mit Bananenstauden und ich mache einen kleinen Stopp bei einer Gruppe von Kindern, die mit beachtlichem Taktgefühl diversen Schrott zu Schlaginstrumenten umfunktionieren. Ein sehr musikalisches Land eben, auf dem größten Geldschein ist z.B. auch die Sängerin Cesária Évora, deren Tod 2011 Grund für eine vom Präsidenten ausgerufene 48-stündige Staatstrauer war. Zurück auf dem Hauptweg wird mir relativ schnell wieder langweilig, ich stehe einfach nicht auf Wandern an befahrenen Straßen. Ich nehme also ein Aluguer bis ans letzte Ende der Straße, wo der Ausblick schon nicht zu verachten ist. Ich laufe noch ein wenig wahllos auf den umliegenden Wegen umher und wage dann einen Blick auf die Karte. Ich könnte jetzt einen gestrichelten Weg entlang gehen und wäre in sieben Kilometern wieder an einer Straße. Allerdings mit knapp 1000 Höhenmetern und da sagt mir mein Muskelkater von Vortag „nope“. Oh Mann, ich bin echt aus der Übung – aber steil bergab gehen ist auch anstrengend, zu meiner Verteidigung.
Ich nehme ein paar hundert Meter weiter unten in einem Dorf namens Xôxô ein Mittagessen zu mir und laufe ein Stück ins Tal, bis ich das erstbeste nach Aluguer aussehende Auto stoppe. Darin sitzt der persönliche Fahrer eines Franzosen, der hier Urlaub macht und er nimmt mich kostenlos mit, weil er ja eh bezahlt wird.
Als nächstes geht es zu dem natürlichen Pool, inzwischen weiß ich ja besser, wo er ist. Tatsächlich sind es sogar drei oder vier und es ist wirklich sehr schön da (ich bin sowieso großer Fan von Lavagestein am Meer), allerdings jetzt am Nachmittag auch recht gut besucht, trotz Nebensaison. Es ist auch leider zum Teil etwas müllig und riecht nach Urin, aber der mittlere Pool ist sehr nett, um mal eine kurze Weile darin zu verbringen. Man muss nur immer den Überblick darüber behalten, wie nah man an die Außenwände kommt, denn da wimmelt es vor Seeigeln. Nach einer Weile steht mir eher der Sinn nach offenem Meer und ich gehe noch ein paar Meter um die Ecke zum Strand. Ein sehr schöner Strand, wenn auch nicht klassisch schön. Größtenteils steinig, aber im Wasser und einen kurzen Streifen davor ist dunkelbrauner Sand. Was ihn aber vor allem schön macht, ist der Wahnsinns-Blick auf die Berge entlang der Küste bis Ponta do Sol, die mehr und mehr im Dunst verschwinden. Die Wellen sind immer mal wieder recht hoch, ich liebe das ja. Ich merke, wie ich es schon nach anderthalb Tagen Abstinenz vermisst habe, mal wieder im Meer zu baden (wie soll das nur in Berlin werden?). Einige der Jungs hier machen eine Art Surfen ohne Brett – sie schwimmen kurz mit der Welle, um auf ihre Geschwindigkeit zu kommen und machen sich dann selbst zum Brett, indem sie die Arme anlegen und Körperspannung halten. Ich versuche das nachzumachen, werde aber ziemlich unsanft herumgewirbelt und in den Sand gedrückt, also überlasse ich diese Disziplin dann doch wieder den Profis.
Als ich dann wieder draußen sitze und meine regionalen Mini-Mangos verspeise, höre ich die Kinder der kapverdischen Großfamilie neben mir deutsch sprechen. Einer von ihnen heißt sogar Janis (oder wahrscheinlich Yannis, er sieht nämlich auch aus, als könnte einer seiner Elternteile griechisch sein). Ich frage sie, wo sie herkommen, und sie antworten Luxemburg. Ich habe das schon mal gelesen, dass Luxemburg aus irgendeinem Grund eine relativ große kapverdianische Community hat – vor allem gemessen an der Einwohnerzahl Luxemburgs und der Einwohnerzahl der Kapverden. Ansonsten sind sie aber nicht sehr gesprächig, weil schwer beschäftigt mit dem gegenseitigen Einbuddeln.
Mein dritter und letzter Tag auf der Insel ist mein persönliches Highlight, und zwar mit Abstand. Ich fahre auf Lianas Empfehlung hin nach Ponta do Sol und laufe von dort aus eine kleine Straße an der Küste entlang erst nach Fontainhas und dann weiter nach Corvo. Dieser Weg schafft es landschaftlich locker in meine Top-5 aller Zeiten. Links die Bergwand, rechts das Meer, meistens etwa 150 Meter unter mir. Bis Fontainhas ist der Weg noch eine befahrbare Straße, auf der mir in der Stunde aber vielleicht vier Autos begegnen. Dort angekommen (wunderschönes Bergdorf!) esse ich ein Kräuter-Omelette in der Bar Tchu, wo die wahnsinnig lieben Betreiberinnen sich trotz Sprachbarriere sehr große Mühe geben, mit mir zu kommunizieren. Es wird eine Mischung aus Kreol, Portugiesisch, Spanisch und Englisch, mit der wir uns dann irgendwie sehr langsam verständigen können. Nachdem ich dort wahrscheinlich eine gute Stunde gesessen habe, breche ich auf zum zweiten Streckenabschnitt nach Corvo.
Der Weg ist nun deutlich schmaler und geht ordentlich hoch und runter, am Wegesrand sind immer wieder Stationen der Passion Christi auf kleinen Schildern aufgezeichnet, offenbar ist das hier auch ein Pilgerweg. Am höchsten Punkt des Weges ist eine bizarre Felsformation zu sehen, danach geht es ins Tal, in dem das Dorf Corvo liegt. Liana hat mir noch den Tipp gegeben, man könne auf der Regenrinne, die aus den Bergen ins Dorf führt, noch ein Stück ins Tal gehen und das mache ich auch. Durch das feuchte Klima zwischen den Bergen kann hier allerhand angebaut werden, alles ist übersäht mit Bananenstauden, Salat, Papaya-Bäumen et cetera. Wenn ich mir jetzt noch vorstelle, dass nach ein paar Tagen kräftigem Regenfall im Spätherbst auch noch die Berge grün sind, muss das aussehen wie das Paradies. Ein bisschen tut es das aber jetzt auch schon.
Wäre es nicht schon später Nachmittag und hätte ich keinen Muskelkater, könnte ich jetzt noch 11km weiter laufen zum nächsten Dorf mit Straßenanbindung, um zu hoffen, dass dort vielleicht ein Aluguer fährt. So muss ich aber den Weg wieder zurück gehen, den ich gekommen bin. Nicht so schlimm, er ist ja schön. Gegen frühen Abend, wenn sich die Wolkendecke wieder zuzieht, wird die Stimmung an der Küste von Santo Antão immer etwas bedrückend durch die düsteren Bergwände und das relativ unruhige Meer. Aber das ist vermutlich auch Jahreszeiten-abhängig.
Am nächsten Tag steige ich dann wieder auf die Fähre nach Mindelo, diesmal leider mit weniger fliegenden Fischen.
]]>Auf der ziemlich unbequemen (zum Glück nur anderthalbstündigen) Fahrt über die Insel ist zu sehen, was mir schon mehrere Leute berichtet haben, nämlich dass es in den letzten zwei Jahren kaum richtig geregnet hat. Alle hoffen darauf, dass es bald wieder anfängt und alles wieder etwas grüner wird. August bis Oktober ist nämlich „Regenzeit“, obwohl das nicht im tropischen Sinne zu verstehen ist. Es ist einfach die Zeit im Jahr, in der es überhaupt mal regnen kann.
Tarrafal ist pures Urlaubsflair. Der Strand ist wunderschön (Sand, ein paar Palmen, schwarzes Lavagestein und blick auf die Berge) und die Leute gut gelaunt. Nachdem ich ja nun die letzten Tage meine Komfort-Verhältnisse auf ein absolutes Minimum herunterschrauben musste, gönne ich mir hier mal wieder einen Tag Auszeit mit Baden im Meer, Sonne auf den Bauch scheinen lassen und gutem Essen. Am nächsten Tag treffe ich mich mit Patrick, meinem Guide (bzw. von mir als Fixer und Übersetzer umfunktioniert) für die nächsten beiden Tage. Dass Uhrzeiten hier einen anderen Stellenwert haben als bei uns, habe ich eh schon festgestellt. Bei Patrick, der immerhin Geld von mir bekommt, ist das auch nicht anders – aus dem ursprünglichen „between eight and ten, maximum ten o’clock“ wird letztendlich 10:45 – aber okay, gutes Licht müssen wir um die Zeit eh nicht mehr jagen.
Der Plan ist, dass wir für meine Doku eine Protagonistin finden, die Sand aus dem Meer holt, um ihn zur Zementherstellung zu verkaufen, und diesen Knochenjob in Musik verarbeitet. Da diese ganze Sand-Geschichte illegal ist, bin ich noch nicht ganz überzeugt, dass es so einfach wird, da jemanden zu aufzuspüren. Die beiden Spots etwas außerhalb von Tarrafal, an denen Patrick meint, dass wir „for sure“ jemanden finden, sind komplett leer. Uns wird von den einen Leuten gesagt, dass sie das nur noch nachts machen, von den anderen, dass sie die Gezeiten abwarten und am Nachmittag das Meer wieder tiefer steht. Also fahren wir erst mal wieder zurück nach Tarrafal, was essen und ein paar Stunden Strandurlaub. Am Nachmittag fahren wir wieder mit einem Aluguer an die Küste, wo wir zuvor schon waren und warten darauf, dass vielleicht jemand ankommt. Ich fühle mich wie auf einer leicht frustrierenden Safari, wir sehen Affen, aber keine Sandräuberinnen. Kurz vor Sonnenuntergang fragt Patrick noch mal jemanden, der uns erklärt, dass es hier an diesem Strand wirklich nur noch nachts gemacht wird, allerdings weiter südlich, in Ribeira da Prata, die Frauen auch tagsüber Sand abbauen, wenn das Meer tief steht – dort gäbe es wohl kaum Kontrollen.
Weil für Patrick kein Bus mehr in seinen Heimatort fährt, teilen wir uns mein Zimmer und Bett für die Nacht. Dass er immer völlig selbstverständlich davon ausgeht, dass ich ihn mittags wie abends zum Essen einlade, finde ich etwas befremdlich – aber okay, er hat für mich auch seinen Tagespreis von 35€ auf 25€ gesenkt.
Am nächsten Tag will es Patrick schon wieder am näheren Strand probieren, aber da ist wieder niemand. Wir fahren also weiter nach Ribeira da Prata, reden dort mit einigen Leuten, die meisten von ihnen holen aber keinen Sand mehr, weil fast keiner mehr da ist (erfolgreich die Natur leergefegt, herzlichen Glückwunsch!). Während wir da sitzen, kommen drei Frauen mit Eimern und Schaufeln an uns vorbei und wir hängen uns an sie ran. Ich fühle vor, ob es okay ist, zu filmen, wähle nach Gefühl eine von ihnen, Minguinha, als meine Protagonistin aus und lasse sie ein bisschen erzählen. Sie wirkt ziemlich frustriert über die Politik, weil sie sich natürlich nicht ausgesucht hat, Sand aus dem Meer zu klauen, aber sonst gar keine Arbeit hat und eine Familie ernähren muss. Ich gehe mit ihr ins Wasser und filme eine Weile mit. Es sind erschwerte Bedingungen, weil unter Wasser willkürlich große Steine verteilt sind und man von den Wellen (die zum Glück gerade nicht hoch sind) hin und her geschubst wird. Wenn ich jetzt noch eine große Plastikwanne mit nassem Sand auf dem Kopf balancieren müsste, wäre ich verloren. Aber genau das machen diese Frauen hier fast jeden Tag. Früher war das mal ein Sandstrand, davon ist nichts mehr zu sehen.
Nach getaner Arbeit gehen wir mit den Frauen ins Dorf, dort versprechen sie uns, dass sie am späten Nachmittag ein paar Leute für eine Batuku-Session zusammentrommeln. Batuku ist eine traditionelle Musikrichtung der Kapverden, in denen die Menschen alltägliche Themen und Probleme verarbeiten. Patrick und ich gehen etwas essen, ich sehe mir das Material vom Vormittag an, dann kaufe ich als Dankeschön für Minguinhas Familie ein bisschen was ein und wir kommen zurück. Sie freut sich über die Aufmerksamkeit und wir filmen im Hof vor ihrem Haus bei bester Abendsonne ein Lied über die Arbeit mit dem Sand. Ich bedanke mich noch mal herzlich, schreibe mir einen Facebook-Kontakt von einer ihrer Freundinnen auf, um ihr irgendwann den fertigen Film zeigen zu können und dann geht es fix und fertig mit einem stockbesoffenen und deutlich zu schnellen Aluguer-Fahrer zurück nach Tarrafal, wo ich den Abend so entspannt wie möglich ausklingen lasse. Den nächsten Morgen genieße ich noch im maritimen Flair des Nordens, bevor ich mich wieder nach Praia verabschieden muss, um Kelber beim Dreh seines Musikvideos dokumentarisch zu begleiten.
Auf der Fahrt gibt es noch einen kleinen Zwischenfall, den ich nicht ganz verstehe. Kurz nachdem wir Tarrafal verlassen, hält der Bus neben einem anderen Bus, Leute steigen aus, andere Leute steigen ein und es kommt zu einer sehr hitzigen Diskussion um Sitzplätze, die gefühlt fast in einer Massenschlägerei endet. Es wird erst wieder ruhiger, als ein Polizist vorbeikommt und kurz seinen Schlagstock präsentiert.
]]>Schon am Check-in-Schalter in Köln wird mir mehr und mehr klar, dass ich hier eher eine Rarität bin – zum Beispiel bin ich der Einzige, der einen Rucksack als Aufgabegepäck abgibt. Im Flugzeug werden von Menschen in Poloshirts fleißig Uhren, Parfums und Zigaretten gekauft (ich fühle mich ein bisschen wie in den Neunzigern) und am Ziel angekommen bin ich einer von fünf oder sechs Personen, die nicht in den großen blauen Tui-Bus einsteigen, um zur Hotelanlage gefahren zu werden. Der Flughafen von Boa Vista ist so ziemlich der charmanteste Flughafen, den ich kenne. Alles ist offen, nur einige Teile überdacht, viel Holz und Naturstein. Ich komme bei meinem ebenfalls recht charmanten Guesthouse in der Stadt Sal Rei an und gehe gleich mal zum kleinen Strand direkt nebenan, an dem die Hölle los ist. Locker zweihundert Leute, größtenteils Jugendliche, sind am Baden, Fußball und Frisbee spielen, tanzen und trinken. in einem Pavillon ist eine Anlage aufgebaut, aus der laute Musik schallt. Es ist leider nicht ganz so einfach, mit den Locals Kontakt aufzunehmen, besonders wenn man nicht wirklich Portugiesisch spricht. Ich verbringe trotzdem den restlichen Abend hier, esse noch etwas und gehe früh ins Bett.
Fünf Uhr morgens wache ich kurz auf, weil ich einen Chor auf der Straße höre. Gegenüber von meinem Guesthouse ist eine kleine Kapelle, wo offenbar ein Gottesdienst stattfindet. Es wirkt, als wären die Kapverdianer allgemein sehr musikalisch, zumindest hat der Gesang nichts von dem heillosen Durcheinander, das man in deutschen Kirchen so hört. Ich schlafe noch ein bisschen und treffe mich dann mit Anita, einer Schweizerin, die vor fünf Jahren hier hergezogen ist und mit der ich im Vorfeld über eine Facebook-Gruppe schon ein bisschen geschrieben habe. Sie zeigt und erklärt mir ein paar Dinge. Unter anderem erzählt sie mir von einem großen Fest in ihrem Dorf, das am nächsten Tag anlässlich von Mariä Himmelfahrt stattfindet (die Kapverdianer sind zum Großteil sehr katholisch). Außerdem nimmt sie mich zusammen mit ein paar Tui-Touristen mit zum Tierheim, um Spenden abzugeben. Sie ist nämlich, wie die meisten hier, in der Tourismusbranche. Den restlichen Tag verbringe ich dann mit einem Strandspaziergang, Baden und Leute beobachten. Was relativ schnell auffällt, ist, dass die kleinen Lebensmittelgeschäfte hier alle von Chinesen geführt werden. China hat laut Anita vor vielen Jahren mal einen Deal mit den Kapverden ausgemacht, dass sie sie beim Hafen- und Straßenbau finanziell unterstützen und dafür Steuervergünstigungen beim Import und Handel von waren bekommen. Dadurch wurden die meisten einheimischen Einzelhändler in den Ruin getrieben, weil das Geschäft für chinesische Händler einfacher und rentabler ist.
Am Tag darauf ziehe ich von meinem Guesthouse zu meinem Couchsurfing-Host Ralf, ebenfalls einem deutschen Expat, der hier Touren anbietet. Nach einer kleinen Bade-Runde möchte ich mit dem Minibus von Sal Rei nach João Galego fahren (25km), um mir das katholische Fest mal anzusehen. Ich werde nach einem Drittel der Strecke in Rabil rausgeworfen und an einen Pickup vermittelt, der mich weiter bringt. Allerdings fährt dieser erst mal 45 Minuten wild hupend durch den Ort, um noch weitere Fahrgäste oder Transport-Waren für die Fahrt zu gewinnen, bevor es dann tatsächlich mal weiter geht. In João Galego angekommen ist bis auf bunte Fähnchen in den Straßen noch nicht viel zu sehen, der Ort ist aber wirklich schön. Ich setze mich auf einen Bordstein in den Schatten zu ein paar Einheimischen. Eine von ihnen spricht etwas spanisch, womit ich schon mal weiter komme als mit Portugiesisch. Sie klärt mich auf, dass es erst später losgeht. Als ich etwas später ein paar mehr Leute auf dem Dorfplatz vernehmen kann, gehe ich hin und es wird gerade ein öffentliches Essen aufgebaut. Ein älterer Herr sorgt sich sehr darum, dass ich auch etwas bekomme. Es gibt Cachupa, das kapverdische Nationalgericht. Nach einer Weile zwischen all den gut gelaunten Einheimischen, mit denen es mir wieder mal nicht allzu gut gelingt, Kontakt aufzubauen, muss ich auch schon wieder zurück in die Stadt, weil ich mir bei Ralf eine Schildkröten-Tour im Tausch gegen ein Video geklärt hab.
Wir holen mit dem Pickup bei den großen Bettenburgen die Gäste ab und fahren in der Nähe der ganz großen Bettenburg RIU Touareg im Süden der Insel an den Strand, an dem sich die Turtle Foundation niedergelassen hat. Wir haben Glück und müssen nicht allzu lange warten, bis sich eine Schildkröte ihren Platz zum Eier legen gesucht hat. Es ist eine sogenannte „Unechte Karettschildkröte“ (caretta caretta) und sie ist etwa 90cm lang. Wir beobachten sie mit rotem Licht (welches die Schildkröten nicht wahrnehmen) eine gute halbe Stunde dabei, wie sie schätzungsweise 50-60 Eier in ein Loch legt (fühlt sich irgendwie ein bisschen falsch an), daraufhin wird sie von Freiwilligen der Turtle Foundation gemessen und gechippt. Danach buddelt sie etwas unelegant das Loch wieder zu und schmeißt dabei ordentlich mit Sand um sich, bevor sie wieder ins Meer verschwindet. Schon faszinierend, das mal aus der Nähe zu sehen.
Am nächsten Tag mache ich mit Anita eine Südtour (wieder gegen Video), weil ich auf Boa Vista sonst eh nicht viel machen kann, außer Baden. So richtig spannend finde ich es ehrlich gesagt nicht, vor allem weil die Spots, die wir abklappern, gleichzeitig von fünfzehntausend anderen Touranbietern besucht werden und die Orte dementsprechend auch ihre Ausrichtung und ihr Preisniveau angepasst haben – authentisch ist anders, aber Boa Vista ist eben zusammen mit Sal auch der Touri-Hotspot der Kapverden. Der Strand Santa Monica, wo wir in einem netten kleinen offenen Restaurant Mittag essen, ist allerdings wirklich schön und ein bisschen verstehe ich beim Baden dort dann auch den Reiz eines Strandurlaubs. Das verstehen auch die chinesischen Investoren, die dort gerade eine gigantische Hotelanlage bauen, welche in 15 (in Worten: fünfzehn!) Jahren fertiggestellt werden soll. Nachdem wir die anderen wieder in ihren 5-Sterne-Clubs abgeliefert haben, zeigt mir Anita aber noch ein paar Ecken in der Stadt, wo wahrscheinlich sonst kaum Touristen einen Fuß hinsetzen.
Ich bin am Freitag dann irgendwie schon recht froh, die Insel zu wechseln. Ich gehe noch mal lecker frühstücken im Boaventura Guesthouse, eine Runde schwimmen und schneide das Schildkröten-Video, dann breche ich langsam zum Flughafen auf, von wo aus ich mit einer Propellermaschine nach Praia fliege. Dort erwartet mich auf jeden Fall eine völlig andere Welt.
]]>Ich kaufe mir ein Tagesticket für Bus & Bahn (erstaunlich günstig!) und beginne dank Fehlinformation eine Odyssey durch den Stadtteil Deira. Ich komme an irgendeinem Busbahnhof an und ein Busfahrer führt mich zu seinem Bus, der nach Jumeira fährt – dem Teil mit den ganzen Hochhäusern. Ich muss wie der letzte Vollidiot aussehen – mit Kamera um den Hals und nach „City Center“ und „Beach“ fragend. Irgendwann komme ich dann am Burj Khalifa an, dem höchsten Gebäude der Welt. Um da nah ranzukommen, muss man (wer hätte das gedacht?) durch eine Shopping Mall. Die zwei Gründe, weshalb die Leute nach Dubai reisen: Shopping und Luxushotels. Oder kann mich jemand eines besseren belehren? Na wie dem auch sei. Ich sehe mir das Gebäude kurz an, laufe dann durch weitere Shopping Malls und an unzähligen Baustellen vorbei, bis ich an eine gefühlt fünfzehnspurige Straße komme, die ich nicht überqueren kann. Ich nehme mir also ein Taxi zum Jumeira Open Beach, wo auch eine Baustelle wütet. Aber daneben ist doch noch ein sehr angenehm leerer Strand und ich gehe baden. Vermutlich hocken alle anderen lieber an den Privatstränden ihrer Hotels. Als ich mich wieder in die U-Bahn Richtung Flughafen setze, bin ich dann auch recht froh, dass ich in dieser Stadt nicht mehr Zeit verbringen muss.
]]>Von Skillinge geht es weiter nach Kivik, auf dem Weg dorthin liegt der sehenswerte Stenshuvud-Nationalpark und ein sehr schöner Strand mit einer eiskalten Ostsee. Kivik selbst hat nicht sonderlich viel zu bieten, aber die Umgebung hat eine sehr hohe Dichte an eindrucksvollen Fleckchen Erde. Eines Davon ist das Kivik Art Center, eine Art Freilichtmuseum für moderne skandinavische Architektur mitten im Wald. Dort schlendern wir eine Weile umher und fragen uns zum Schluss, wo denn nun eigentlich der gläserne Pavillon war, den wir vorher auf einem Foto gesehen hatten. Auf Nachfrage bei einer Verantwortlichen erfahren wir, dass er letztes Jahr an einen reichen Norweger verkauft wurde. Nun ja. Kommt vor.
Wir machen Couchsurfing, das eigentlich kein Couchsurfing ist. Peter ist ein Aussteiger und Philosoph, der ein Tipi am Strand von Haväng hat, innerhalb eines Militärgeländes, welches hauptsächlich von Hasen bewohnt wird. Wir schlagen unser Zelt auf neben seinem auf. Peter grillt für uns und stellt eine tiefgründige Frage nach der anderen. Er ist ein Träumer, der von Luft und Liebe lebt. Morgens läuft er kurz nach Sonnenaufgang am Strand entlang, weil er da noch ganz für sich sein kann. Bevor wir weiterfahren gibt er uns noch ein paar Tips zu sehenswerten Orten und führt uns zu einer Quelle, wo wir unsere Wasserflaschen auffüllen. Dann verlassen wir Skåne und ziehen weiter nach Småland.
]]>Eines dieser Bungalows nehmen wir dann auch kurzentschlossen, sehen ja eh alle gleich aus. Zwei Dollar Fünfzig pro Person und Nacht mit eigenem Bad, das klingt ja erst mal super. Es riecht ein Wenig nach Mäuseurin, aber das sind wir ja inzwischen gewohnt… Bei genauerer Betrachtung wird es dann doch etwas abenteuerlich – an der Decke sitzen zwei ziemlich große und eine RICHTIG große Spinne. Als ich das Moskitonetz entfitze, kommt mir erst mal eine Kakerlake entgegengekrabbelt und die Kopfkissen schimmeln. Fließend Wasser gibt es auch nicht, nur eine Regentonne voll mit einer übel riechenden Brühe zum runterspülen. Aber gut, wir sind hier immer noch in Kambodscha und irgendwie haben wir mit solchen Dingen schließlich auch gerechnet. Während wir den Strand bei einem sich zusammenbrauenden Unwetter etwas weiterschlendern, stellen wir fest, dass wir uns nicht so früh hätten niederlassen sollen – am Ende des Strands sind die schönsten Bungalows, die auch etwas weniger rustikal aussehen.
Weil wir so früh ins Bett gegangen sind, werde ich halb vier morgens wach und gehe eine Runde raus. Dadurch, dass auf Koh Tonsay nur von 18-23 Uhr Strom eingeschaltet wird, gibt es keinerlei Lichtverschmutzung und stattdessen einen wunderschönen Sternenhimmel. Ich lasse meine Kamera eine knappe Stunde Zeitraffer aufnehmen um danach festzustellen, dass die Linse ab dem zehnten Bild beschlagen hat – Manometer, dieses Klima! Wieder ins Bett, noch ein paar Stunden schlafen. Das Wetter am Morgen ist gut und wir beschließen, den Weg einmal um die Insel zu gehen – laut Internet etwa sieben Kilometer. Am Ende des Hauptstrandes leihe ich mir noch eine Taucherbrille für $1 und dann geht es los durchs Dickicht und durch eine Menge Müll. Wir kommen erst mal an einem zweiten, steinigen Strand raus, wo es noch ein paar andere Badegäste hingeschafft haben. Dann laufen wir wieder eine Weile durch den Wald und kommen zu einem winzigen „Fischerdorf“, welches aus etwa drei Bambushütten besteht, vor dem eine kleine Gruppe junger Männer an einem Boot steht und offensichtlich lustige Anekdoten austauscht. Der davorliegende Strand wäre eigentlich wirklich paradiesisch – komplett leer mit vielen Kokospalmen, die über den Sand ragen – wäre da nicht das viele Treibgut. Am Hauptstrand wird dieses wohl einfach immer weggeräumt, aber auf dieser Seite der Insel scheint sich niemand diese Mühe zu machen. Und weiter geht es über Stock und Stein und viele kämpfende oder sich paarende Tausendfüßler – so genau kann man das nicht sagen, sie sind einfach verknotet. Etwa eine Viertelstunde gehen wir weiter, um dann festzustellen, dass der Weg eine Sackgasse ist und wir nur mit einer Machete weiterkommen würden. Naja, immerhin mal um die halbe Insel gelaufen. Der restliche Tag ist windig und schön, wir gammeln am Strand rum und lesen, was man eben so macht auf einer Insel. Abends setzen wir uns an einen Tisch unseres Standard-Restaurants und wollen gerade eine Nudelsuppe bestellen, als uns zwei Britinnen und vier oder fünf Khmer zu sich an den Tisch einladen. Wir gesellen uns dazu und haben noch einen lustigen Abend mit Reisschnaps (von den Khmer) und Bacardi-Cola (von den Briten). Abgeschlossen wird das Ganze mit einem nächtlichen Bad in leuchtendem Plankton – es ist zwar nicht so viel oder so hell wie in den einschlägigen Filmen, aber trotzdem wunderschön und nicht wirklich fassbar. Ich stelle uns extra noch mal später in der Nacht einen Wecker, um das Ganze in wirklich absoluter Dunkelheit zu wiederholen. Gute Sache, dass ich die Taucherbrille geliehen habe, denn durch die leuchtenden Partikel durchzutauchen ist abgefahrener als alles Andere, was ich je gesehen hab. Außer vielleicht Nordlichter.
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