Ich lande am späten Abend erstaunlich sanft in Kathmandu und besorge mir erst mal eine der kostenlosen Simkarten, die am Flughafen an Touristen verteilt werden. Dann fahre ich mit einem vermutlich überteuerten Taxi zu meinem Hostel. Ich gehe noch eine Runde durchs Viertel, esse einen Falafel-Wrap, trinke ein Bier und unterhalte mich mit ein paar Einheimischen. Im Vergleich zu anderen asiatischen Ländern, die ich bisher besucht habe, kommen mir die Leute hier vom ersten Eindruck gleich ein wenig ehrlicher vor, viele sprechen mich an und keiner von ihnen will mir etwas verkaufen. Die Sache mit dem Schlafsaal habe ich mir nicht gut genug überlegt, einer meiner Zimmergenossen hustet die ganze Nacht, als würde er gleich sterben und ich bekomme nicht sonderlich viel Schlaf – deshalb ziehe ich gleich am nächsten Morgen in eine andere Unterkunft, wo ich ein Einzelzimmer bekomme. Im Laufe des Tages treffe ich dann auch die bekannten Gesichter aus der Heimat, welche ebenfalls gerade hier sind: Wiete, Wenke und Eva – außerdem lerne ich gleich noch Luis (Evas Freund aus Spanien) und dessen Cousine Rocio kennen.

Mit Wiete und Wenke gehe ich nachmittags zum Monkey Temple, der durch seine Position auf einem Hügel ein wenig frischere Luft als die Innenstadt bietet. Bei einem Blick auf die Stadt sieht man allerdings von hier aus erst mal die Ausmaße der Luftverschmutzung. Der Tempel an sich ist sehr nett, um die Stupa in der Mitte der Anlage fliegt ununterbrochen ein Schwarm Tauben und ringsherum tummeln sich ein paar diebische Affen. Auf dem Weg zurück geht schon langsam das Holi-Spiel los, zumindest bei den Kindern, und wir bekommen bei der Gelegenheit auch gleich mal etwas Farbe ins Gesicht.

Am nächsten Tag ist dann das richtige Holi – Frühlingsanfangsfest auf hinduistisch quasi. Während Wiete und Wenke bei einer Privatfeier eingeladen sind, beschließe ich zusammen mit dem Rest der Gang, dass wir nicht im Touristenviertel Thamel bleiben wollen, sondern lieber den Bus nach Patan nehmen, wo es hoffentlich etwas traditioneller zugeht. Auf dem Weg zum Busbahhof werden wir von einem älteren Herrn rangewunken und er öffnet uns ein Tor zu einem Hinterhof, wo ein paar junge Nepalis mit bunten Gesichtern zu Volksmusik tanzen. Sie bestehen darauf, dass wir mittanzen und freuen sich riesig über unsere Gesellschaft. Wir finden heraus, dass sie Schauspielstudenten sind und der Hinterhof zu ihrer Schule gehört. Anschließend müssen wir noch für eine Menge Fotos herhalten und bekommen Sprite und Kekse. Irgendwann können wir uns dann mit vielen Umarmungen verabschieden und fahren mit dem Bus nach Patan. Auf den Straßen bekommen wir alle fünf Meter mit den Worten „Happy Holi!“ neue Farbe ins Gesicht, ab und zu gibt es eine Wasser-Attacke. Keiner der Nepali ist so bunt wie die Touristen, deshalb beschließe ich zum Schluss, ein bisschen zurückzumalen – bei einigen merkt man gleich, dass sie damit nicht wirklich rechnen. Bei meiner Rückkehr ins Hotel habe ich zum ersten mal in Nepal warmes Wasser und verbringe eine ganze Weile unter der Dusche.

Am Tag darauf buchen wir für den nächsten Morgen den Bus nach Pokhara, wo sich dann all unsere Wege trennen sollen. Der Verkäufer im Reisebüro ist ein super Typ und erzählt uns, dass er mal einen Monat in Weistropp gewohnt hat (wer das jetzt nicht kennt, hat nicht unbedingt was verpasst, aber es zeigt nur mal wieder, wie klein die Welt ist – das ist nur drei Dörfer weiter von da, wo ich den Großteil meiner Jugend verbracht habe). Wir gehen noch ein wenig durch die Altstadt von Kathmandu, die leider ziemlich heftig vom Erdbeben betroffen ist. Kaum eines der Bauwerke hier steht noch ohne Stützen, viele sind zum Teil eingefallen. Danach nehme ich mir ein Taxi zum Pashupatinath – einer großen und ziemlich beeindruckenden hinduistischen Tempelanlage, auch wenn man als Nicht-Hindu keinen Zutritt zum Haupttempel hat. Ich nehme mir über drei Stunden Zeit, um ringsherum alles zu erkunden. Es wird an allen Ecken und Enden etwas verbrannt – Holz, Lebensmittel, Leichen. Ich bin stiller Beobachter bei den verschiedenen Ritualen, hole mir eine mimische Einverständnis für meine Kamera und dokumentiere alles. Insbesondere die Kremation ist ein ziemlich intensives Erlebnis – solange man sich nicht zu große Gedanken darüber macht, dass man gerade die Asche toter Menschen einatmet. Es gibt am Flussufer schätzungsweise acht bis zehn Verbrennungsstellen, von denen keine lang frei bleibt. Etwas schlecht fühle ich mich trotzdem, dass ich wie ein Sensationsreporter mit meiner Kamera auf einer Trauerfeier bin, aber ich halte mich weitestgehend im Hintergrund und verhalte mich respektvoll, weshalb die Trauergäste offenbar kein Problem mit mir haben. Am anderen Flussufer sitzen ein paar geschminkte Sadhus (Wanderheilige) in einem kleinen Steinhaus und sehen dort wunderschön aus. Das wissen sie natürlich selbst und wollen Geld haben, wenn man sie fotografiert.

Als um sechs Uhr mein Wecker für den Bus nach Pokhara klingelt, muss ich mich nur kurz besinnen und renne dann sofort ins Bad. Irgendwas falsches gegessen. Während ich noch halb über der Schüssel hänge, ruft mich Eva an und sagt, dass es ihr genauso geht – vielleicht ist die achtstündige Busfahrt heute doch nicht so clever. Wir bleiben also noch einen Tag in Kathmandu, ich verbringe den ganzen Tag im Bett (bis auf eine Einkaufsrunde für Zwieback und Cola) und am nächsten Morgen geht es uns zum Glück allen ein wenig besser, wenn auch noch lange nicht optimal. Da kann man seinen Magen noch so sehr abhärten, irgendwann kommt dann doch etwas daher, was noch härter ist.

 

Kabelsalat

Kabelsalat

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Erst mal 'ne schöne Lausung.

Erst mal ’ne schöne Lausung.

Man muss sich nur zu helfen wissen

Man muss sich nur zu helfen wissen

Tischtennisplatte made in Nepal

Tischtennisplatte made in Nepal

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Sadhu

Sadhu