Tag 1:

Wir leihen uns Mopeds bei Miss Noy in Pakse, deren französischer Mann uns eine detaillierte Einführung in die Welt des Bolavenplateaus, des Hauptanbaugebietes von laotischem Kaffee, gibt. Wir entscheiden uns für den „kleinen Loop“, wollen uns aber statt der minimal empfohlenen zwei Tage lieber drei nehmen. Eine gute Entscheidung. Zum ersten Mal Moped mit Gangschaltung, eine etwas einschüchternde Vorstellung aber tatsächlich überhaupt kein Problem. Also geht’s los. Zuerst müssen wir aus der Stadt raus, halten noch an einem kleinen Schmiededorf und biegen dann ab auf die Straße zu Tat Lo. Den ersten längeren Stop legen wir nach 35km bei Tat Pasuan ein. Ein hübscher kleiner Wasserfall, umgeben von einem nett gestalteten Resort. Dort anwesend ist ein kleines Filmteam, vermutlich um eines dieser Musikvideos zu drehen, die nachher bis zum Erbrechen in den Reisebussen laufen. Nach einer Weile brechen wir wieder auf. Die Straßen sind erstaunlich gut intakt, die Fahrt erfordert allerdings höchstmögliche Konzentration, um nicht mit einem Huhn, einem Schwein, einer Kuh, einem Hund oder einem blinden laotischen Motorradfahrer zu kollidieren. Also immer bremsbereit und die Augen keine Sekunde von der Straße nehmen. Es ist ein sehr angenehmes Gefühl, weg von der Stadt im „echten Laos“ zu sein und jederzeit stoppen zu können, wenn einem etwas gut gefällt. Wir gönnen uns einen Lao-Kaffee auf Mr. Viengs Kaffeeplantage. Mr. Vieng ist ein ein lustiger Zeitgenosse, dem wir vermutlich noch eine Weile hätten zuhören können. Er hat so eine Art zu lachen, bei der man einfach mitlachen muss.

Nach unserem Kaffee stellen wir fest, dass es inzwischen später Nachmittag ist und wir noch ein gutes Bisschen vor uns haben. Es geht also weiter. Langsam wird es auch immer dunkler und kälter, bis wir irgendwann merken, dass wir falsch sind. Ein Blick auf die Karte (warum eigentlich nicht früher?) verrät, wir sind 17km zu weit gefahren. Wir drehen also schlecht gelaunt um, werden noch mit einem wunderschönen Blick auf neblige Berge im Dämmerlicht entschädigt und fahren kurz später in vollkommener Dunkelheit. Durch mein dreckiges und zerkratztes Visier sehe ich nun so gut wie gar nichts mehr – ich muss es also aufklappen und bekomme sofort eine amtliche Ladung Insekten ins Gesicht. Zu allem Überfluss hat meine Nase den plötzlichen Temperaturumschwung wohl nicht gänzlich verkraftet und ich muss durch den Mund atmen, was die Sache mit den Insekten nicht angenehmer macht. Irgendwann schaffen wir es dann völlig entnervt in den Ort Tat Lo (der Ort heißt genauso wie der Wasserfall? Verwirrend!), wo wir bei Mama Paps Homestay unterkommen können. Mama Pap ist eine äußerst herzliche Persönlichkeit. Sie hat auf dem Dachboden über dem Wohnbereich ihrer Familie einen Schlafsaal mit – keine Ahnung – vielen Betten eingerichtet und sie freut sich sehr, uns zu sehen. Pure Erleichterung und erst mal etwas essen. Ich nehme ein Chicken Curry, das zwar kein kulinarischer Höhepunkt ist, aber dafür eine riesige Portion. Ich hab seit dem Frühstück nichts gegessen, also kommt das sehr gelegen. Nach dem Essen lege ich mich gleich mit dem Gefühl einer sich anbahnenden Erkältung ins Bett, sehe mir noch eine Folge Human Planet an, bekomme den einen oder anderen Niesanfall und schlafe dann wie ein Stein.

Tag 2:

Am nächsten Morgen geht es mir etwas besser. Wir stehen diesmal um Acht auf, um nicht wieder im Dunkeln anzukommen. Zum Frühstück gibt es einen riesigen Pancake mit Schokosoße und Bananen. Dann laufen wir erst mal vom Ort Tat Lo zum nur fünf Minuten entfernten Wasserfall Tat Lo, der eigentlich Tat Hang heißt. Das macht die Verwirrung komplett, aber so etwas scheint in Laos normal zu sein. Der Wasserfall ist nett, aber mehr auch eigentlich nicht – zumindest gemessen an der überschwänglichen Beschreibung im Lonely Planet. Vielleicht bin ich etwas zu verwöhnt von Island. Wir schnappen uns wieder unsere Mopeds und düsen los. Wir halten mal hier, mal da – es gibt überall was zu sehen. Keine Ahnung, wie man den Loop in zwei Tagen machen will, da fährt man doch überall nur vorbei…

Nur ein paar Kilometer von Tat Lo entfernt ist ein weiterer Wasserfall, der Tat Soung. Um dort hinzukommen, fahren wir zunächst in ein kleines Dorf. Dort wartet schon eine Horde kleiner Jungs auf uns, die sich gern um einen Parkplatz für unsere Zweiräder kümmern möchten. Wir geben ihnen 5000 Kip pro Moped und sie führen uns zum Wasserfall. Der Weg dorthin geht zunächst durch Gemüsebeete, dann durch Gestrüpp und zuletzt über riesige Felsbrocken. Erst mal kommen wir an einem kleinen See heraus, in den die Jungs voller Freude von den Felsbrocken hineinspringen. Wir sitzen eine Weile, sehen ihnen beim Baden zu und können von hier aus schon den Wasserfall sehen. Das Wasser selbst ist nicht unbedingt der Star der Show, es ist eher ein kleines Rinnsal. Aber die ganze Landschaft drumherum macht es ziemlich beeindruckend. Der Bach stürzt eine etwa 70 Meter hohe und genauso breite Felswand hinunter, die perfekt gerade abgebrochen ist. Das gesamte Tal ist mit riesigen Felsbrocken gefüllt und links und rechts davon sind dicht bewachsene Hügel. Nach etwa 20 Minuten beschließen wir, noch einmal direkt zum Wasserfall zu gehen. Als die Jungs das bemerken, eilen sie schnell vor und zeigen uns den Weg. Man muss ziemlich klettern und von Fels zu Fels springen, und wenn man seine Sache gut macht, erntet man einen kurzen Applaus. Wir kommen an der Felswand an und die Jungs machen sich wieder ans Baden. Durch den permanenten Wasserstaub hat sich auf einer Schräge unterhalb der großen Wand eine Algenschicht gebildet, die sie als Rutsche verwenden. Nachdem wir dort eine ganze Weile gesessen und die Idylle genossen haben (außer uns und der Dorfjugend ist keine Menschenseele hier), machen wir uns wieder auf den Rückweg. Auf einmal fangen die Kinder an zu betteln und als sie merken, dass wir kein Geld für sie haben, rennen sie vor und legen uns Äste und Zweige in den Weg. Ganz schön frech.

Wir fahren weiter, kaufen an einem wunderbar authentischen Markt bei einem wahnsinnig freundlichen alten Mann noch ein Bündel Bananen für 20 Cent, halten nachmittags in einem kleinen Ort zum Essen und kommen in der Abenddämmerung völlig durchgefroren bei unmenschlichen 18°C in Paksong an. Dort finden wir genau drei Unterkünfte. Die erste ist zu teuer, in der zweiten sprechen die Mitarbeiter kein Wort englisch und antworten auf meine Fragen willkürlich abwechselnd mit „Yes“ und „No“ und in der dritten, dem Simmaly Guesthouse, bleiben wir letztendlich. An den Wänden ist Schimmel, im Bad ist ein riesiges Loch in der Decke und unter unserem Bett lebt eine Kakerlakenfamilie. Schön. Wir essen in einem Restaurant, das aussieht wie ein Flugzeughangar und in dem es genauso kalt ist wie draußen. An einer langen Tafel sitzt ein Haufen betrunkener Laoten, die immer wieder versuchen, uns zum Bier trinken einzuladen. Danke – nicht heute, nicht hier. Paksong, die Kaffeehauptstadt von Laos, ist irgendwie einfach nur ein deprimierendes staubiges Nest.

Tag 3:

Zum Frühstück fahren wir erst mal zum schicken Jhai Coffee House, nur dass es dort gar kein Frühstück gibt. Egal, erst mal einen leckeren Kaffee trinken und das WiFi nutzen, um Wasserfälle für heute auszuwählen. Danach müssen wir noch mal wohin, wo tatsächlich Essen serviert wird und aus irgendeinem Grund kommen wir wieder erst um Zwölf los. Wir fahren zum Tat Yuang, oder auch Tat Gneuang (es gibt hier für alles immer mehrere, absurd unterschiedliche Schreibweisen). Spitzen-Wasserfall, unbedingt sehenswert. Etwa 40 Meter hoch, mehrere Kaskaden und man kann ihn von oben, von der Seite, von vorne und von unten betrachten, wobei letzteres sehr feucht werden kann. Wir sitzen eine ganze Weile oben und dann noch mal eine ganze Weile davor und beobachten das beruhigend rauschende Wasser. Ich kann mir nicht helfen, ich liebe Wasserfälle. Die nächste Station ist demzufolge genau das Richtige für mich: der größte Wasserfall von Laos, Tat Fane. Man sieht ihn (oder besser sie, es sind nämlich zwei Bäche) nur aus der Ferne, aber nichtsdestotrotz ist das wahnsinnig beeindruckend. Das Wasser sieht aus wie Puderzucker, während es 120 Meter tief in eine Schlucht fällt. Den Tat Champee müssen wir wegen Zeitmangel und bedrohlichen Gewitterwolken leider abwählen, geraten dafür noch genau in den Berufsverkehr und kommen gegen 17 Uhr wieder in Pakse an. Dort geben wir unsere treuen Weggefährten wieder ab, nehmen beim Inder unseres Vertrauens ein leckeres Abendmahl zu uns und zwängen uns dann im Nachtbus nach Vientiane in 1,50m x 1m große „Doppelbetten“.

Tat Pasuan

Tat Pasuan

Mr. Vieng

Mr. Vieng

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Tat Hang (Tat Lo)

Tat Hang (Tat Lo)

Panoramastraße

Panoramastraße

Tat Suong

Tat Suong

Tat Yuang

Tat Yuang

Tat Fane

Tat Fane

Moppedgäng

Moppedgäng