Zum allgemeinen Verständnis dieses Beitrags ist es nicht verkehrt, vorher diesen hier aus den vorhergehenden Tagen zu lesen.
Nach meiner Rückkehr vom Panchase Hill spielt sich der Großteil des restlichen Tages erst mal im Bett ab. Abends kann ich nach einer Ibuprofen aber wieder essen, ein bisschen schreiben und Bilder bearbeiten und ich bin auch recht froh, mal wieder nach Hause kommunizieren zu können. Für den nächsten Tag organisiere ich mir ein Moped. Vorgetankt kostet es mich etwa 8€ und ich freue mich darauf, das Umland auf eigene Faust erkunden zu können – allerdings wird meine Tour nach nicht mal einer Viertelstunde von der Polizei beendet. Der deutsche Führerschein sei in Nepal nicht gültig, ich bräuchte einen internationalen Führerschein, bla bla bla. Sie lassen kein bisschen mit sich reden und ich darf nicht einmal zurückfahren, sondern muss mich von Ram, der mir das Moped geliehen hat, abholen lassen. Er bekommt außerdem ein Knöllchen über 20€, welches ich natürlich bezahle. In einem Land, das Tourismus so dringend braucht wie Nepal, könnten die Staatsorgane Touristen ruhig ein wenig besser behandeln – ich meine, hier geht es nur um ein Stück Papier vom Amt, das mir fehlt… Und ich habe eine nepalesische Fahrschule gesehen, die sieht aus wie bei Spongebob Schwammkopf.
Kurz nachdem wir von der Polizeistation zurück im Touriviertel angekommen sind, geht erst mal die Welt unter. Ich bin mir nicht sicher, ob ich jemals so ein heftiges Gewitter miterlebt habe. Es kommen in wenigen Minuten solche Wassermassen inklusive Hagel vom Himmel, dass in Rams Restaurant, dem „Momo’s Cafe“, das Wasser durch die Lampen an der Decke in den Raum läuft und es im Hinterhof innerhalb kürzester Zeit mindestens 50cm hoch steht. Der Lärm von dem Blechdach ist ohrenbetäubend. Zum Glück dauern diese Unwetter hier meist nicht lang und danach bietet mir Ram, der offensichtlich ein schlechtes Gewissen hat, dass ich „seinen“ Strafzettel bezahlt habe, an, am nächsten Morgen kostenlos mit mir zusammen mit dem Motorrad nach Dhampus zu fahren, einem hübschen Bergdorf mit Himalaya-Blick, das beliebt für kurze Trekkingtouren ist. Gesagt, getan – aber leider ist es doch bewölkter als der Wetterbericht vorhergesagt hat und man sieht keine Berge. Das hiesige Kloster ist außerdem offenbar dauerhaft geschlossen, was Dhampus dann letztendlich alle positiven Merkmale nimmt. Gut, die Häuser und das Dorfleben sind natürlich trotzdem nett, aber was das betrifft, bin ich von Damdame schon sehr verwöhnt worden.
Zurück in der Stadt besuchen wir dafür noch das Matepani-Kloster. Bei unserer Ankunft üben die jungen Mönche gerade im übertragenen Sinne Flöte (übertragen heißt, dass sie mit einem Strohhalm Blasen in einer Schale voller Seifenwasser machen) und ich bleibe noch für die Gebets-Zeremonie. Ram interessiert sich nicht ganz so sehr für Buddhismus, deshalb lässt er mich hier und fährt zurück nach Hause. Die Zeremonie ist ziemlich interessant, wenn auch etwas eintönig, da auf Spielfilmlänge gestreckt. Es wird allerhand auf die Pauke gehauen und in Blech- und Holzblasinstrumente sowie große Muscheln geblasen. Für uns Westler klingt das alles auf jeden Fall ganz schön schief, aber irgendwie ist es auch schön und ich halte die anderthalb Stunden durch.
Auf dem Weg zurück nach Hause lege ich noch einen Zwischenhalt ein, um meinen neuen kleinen Bruder Krishna und seinen Vater zu treffen. Krishna ist gerade dabei, nach Pokhara umzuziehen, weil die Schule in Damdame, zu der er jeden Tag zwei Stunden läuft, wohl keine sonderlich gute ist und sein Vater sich etwas besseres für ihn wünscht. Jetzt teilt er sich hier mit zwei Familienmitgliedern einen etwa sechs Quadratmeter großen Raum mit einer winzigen Kochzeile in einem dunklen, nassen Haus und sein Vater muss dafür etwa 35€ im Monat bezahlen, plus 10€ Schulgeld. Sie bitten mich um Hilfe, Krishnas Vater würde gern für etwa zwei Jahre in Deutschland arbeiten und Geld an seine Familie schicken. Ich verspreche, mich umzuhören (falls sich jemand mit der deutschen Arbeitserlaubnis auskennt und/oder eine Idee für einen Job ohne nötige Sprachkenntnisse hat, bitte gern eine Mail an mich schreiben!) und sage zu, dass ich auch regelmäßig ein paar Euro aus Deutschland schicken kann, solange ich noch kein armer Student bin. Man merkt bei Krishna nämlich ziemlich schnell, dass er ein cleveres Kerlchen ist und Kinder wie er sind eigentlich die beste Hoffnung für Nepal.
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