Tag 1

Till und ich landen pünktlich zum Sonnenaufgang in Teheran und es sind noch recht angenehme Temperaturen unter 30 Grad. Anahita empfängt uns mit dem Auto ihrer Mutter und wir fahren etwa eine Stunde zu ihr, wo wir erst mal ein leckeres persisches Frühstück bekommen (flaches Brot mit Sesam und Gewürzen, Omelette mit pürierten Tomaten und einen Brotaufstrich aus Feigen und Nüssen). Ihre Mutter ist noch unterwegs und da der Flug nicht so wahnsinnig erholsam war, legen wir uns noch mal ein paar Stunden aufs Sofa. Am späten Nachmittag fahren wir zu einem Basar, wo wir eine Weile flanieren, uns das Treiben ansehen und ein paar Trockenfrüchte kaufen. Wir werden zu keiner Sekunde überredet, irgendetwas zu kaufen, was wir nicht wollen. Vom Basar aus kommt man in eine Mall, wo wir uns Simkarten besorgen und werden prompt vom Center-Manager zum Essen eingeladen – einfach nur weil wir Ausländer sind. Wir riechen natürlich erst mal Betrug, aber er meint es tatsächlich ehrlich. Da wir um Acht noch bei Anahitas Freunden zum Abendessen eingeladen sind, nehmen wir nur einen Eiskaffee, bekommen noch ein Info-Buch zu der Kunst-Galerie in der Mall und sitzen danach noch für einen Augenblick in einem schick angelegten Park, bevor wir zu unserer Einladung weiterfahren.

Sepinood und Mohammadreza sind frisch verheiratet und wohnen in einer Wohnung, die aussieht wie ein Hotelzimmer. Nebenbei laufen die ganze Zeit amerikanische Musikvideos, die illegal über Satellit empfangen werden. Es gibt Trauben, Feigen, Kirschen und Nüsse im Überfluss und wir lernen Ta’arof, im Prinzip eine spezielle Art der iranischen Höflichkeit, die unter Anderem besagt, dass der Gastgeber uns etwas anbietet, wir erst mal höflich ablehnen, er dann insistiert und wir erst dann zugreifen. Ein Spiel, das wir den ganzen Abend immer wieder üben. Der Alkohol-Dealer kommt mit wertvollem Wodka und Whisky vorbei und die Gäste – das sind alles Freundinnen aus der geschlechtergetrennten Schulzeit – trudeln nach und nach ein, alle schick aufgebrezelt. Das Essen zögert sich so weit nach hinten hinaus, dass wir schon vermuten, es fände nicht mehr statt, aber gegen 23:30 Uhr kommt Bestellpizza, die erstaunlich gut schmeckt. Man redet noch eine Weile über dies und das, wir praktizieren noch ein paar mal Ta’arof, dann werfen sich die Mädels alle wieder ihre islamgerechte Außen-Kleidung um und wir verabschieden uns.

Auf der Rückfahrt hören wir laut Musik und Anahita singt mit, aber wenn wir uns einem Polizeiauto nähern, wird schnell leise gedreht – Frauen dürfen in der Öffentlichkeit nicht singen und Anahita wurde schon sieben mal von der Sittenpolizei verhaftet.

Tag 2

Wir holen etwas Schlaf nach und bleiben bis mittags auf den Decken liegen, die uns im Wohnzimmer als Bett bereitet wurden. Danach fahren wir zum Borj-e Milad, dem Turm, der die einzig markante Spitze in der Skyline von Teheran darstellt. Das Innenleben und die Anlage ringsherum sind wahnsinnig schick und modern – man fragt sich nur ein wenig, für wen, denn außer uns sind vielleicht acht weitere Besucher in dem riesigen Bauwerk. Die ganze Begehung ist geführt, was bedeutet, dass wir immer wieder auf den nächsten Aufzug warten müssen und eine begrenzte Zeit auf dem Aussichts-Deck haben. Die restlichen Etagen sind auch denkbar unspannend, zum Beispiel werden dort lebensechte Silikon-Figuren von iranischen Dichtern und Denkern ausgestellt, von denen außerhalb des Irans nie jemand etwas gehört hat. Anschließend essen wir noch ein Kebab und sind dann schon wieder fix und fertig, ohne wirklich etwas gemacht zu haben. Vermutlich liegt das zu gleichen Teilen an der Hitze, dem Verkehr und der daraus resultierenden Luftverschmutzung. In Teheran verwendet nämlich so gut wie niemand die öffentlichen Verkehrsmittel, die offenbar auch nicht sonderlich gut ausgebaut sind. Alle fahren Auto (inklusive uns) und dementsprechend ist im Prinzip immer und überall Stau.

Wir machen einen kleinen Powernap und treffen uns dann noch mit Freunden von Anahita. Eigentlich ist der Plan, in die Berge campen zu fahren, aber es gibt kurzfristige Planänderungen (keine Besonderheit unter Iranern, wie wir auch in den nächsten Tagen noch mehrmals erfahren), weshalb wir eine Weile bei jemandem in der Wohnung sitzen und dann doch wieder nach Hause fahren.

Tag 3

Es ist Donnerstag, also Wochenende im Iran. Wir bereiten Anahitas Mutter ein deutsches Frühstück zu, quasi unser Gastgeschenk. Danach fahren wir mit Anahita zu ihrer Freundin Medisa, der sie bei der Organisation und Kalkulation eines Filmprojektes hilft. Medisa möchte sich nächstes Jahr an der Filmuniversität Babelsberg, wo wir drei studieren, für Regie bewerben. Danach fahren wir zum Chitgar Lake, einem künstlich angelegten See in der Stadt, der zwar ziemlich groß, aber leider nicht sonderlich schön ist. Am Ufer ist ein absurder kleiner Freizeitpark (vollkommen ausgestorben) direkt vor einem gigantischen Wohnkomplex in spe. Man könnte annehmen, hier wird ein komplett neuer Stadtteil gebaut.

Nachdem wir uns an der überdimensionalen Baustelle satt gesehen haben, fahren wir weiter in die Berge, die direkt hinter den Grenzen der Stadt anfangen. Am Straßenrand entdecken wir ein kleines Lokal, wo wir Dizi, ein traditionelles persisches Gericht essen. Nach der Stärkung fahren wir noch zwei oder drei Kilometer zu einer Stelle mit interessanten Felsformationen, wo wir einen kleinen Spaziergang machen und prompt auf eine Gruppe von Mädels treffen, die dort vor der Stadt flüchten, sich von ihren Kopftüchern befreien und kleine Schnäpse trinken. Wir sitzen dort eine Weile mit ihnen und reden über dies und das. Sie fragen uns über Religion und Liebe aus und beklagen, dass Iraner so materialistisch sind. Anahita hat eine kleine Bluetooth-Box dabei und die Mädels tanzen zu persischer Musik, während wir das schöne Licht der blauen Stunde nutzen.

Nach einer kurzen Verschnaufpause „zu Hause“ besuchen wir eine Party von Anahitas bester Freundin Nasim. Sie feiert zusammen mit ihrem Freund den Jahrestag ihrer Beziehung, dazu hat sie etwa 15 Leute in ihre kleine Wohnung eingeladen und es wird ausgiebig gegessen, getrunken und getanzt. Alle sind wahnsinnig interessiert an uns und wir lernen ein paar persische Dancemoves.

Tag 4

Freitag ist wie unser Sonntag, deshalb machen wir einen Ausflug mit Anahitas Mutter und einer Freundin von ihr. Wir besuchen zuerst den Flohmarkt, der in einem ehemaligen Parkhaus stattfindet und wahnsinnig voll ist. Ich kaufe eine Zeitschrift aus der Zeit vor der Revolution, Anahitas Mutter und deren Freundin finden allerhand Kleidung und Nippes. Anschließend fahren wir zur ehemaligen Sommerresidenz des Schahs, die ich nicht wahnsinnig interessant finde, und schlendern danach noch ein bisschen durch die Gassen von Darband, wo es hauptsächlich Restaurants und Verkaufsstände im Überfluss gibt. Die Besonderheit ist, dass die Restaurants in Felsterassen gebaut sind. Hier treffen wir zur Abwechslung auch mal ein paar wenige Touristen. Zurück zu Hause packen wir unsere Sachen für die nächsten Wochen, denn am Samstag beginnt die große Tour durchs Land.

Gehobener erster Abend

Instalicious!

Teheran von oben

Borj-e Milad

Fun!

Chilli Milli

Lecki Schmecki

Neue Freunde

But first… Let me take a selfie!